Coldworld - Isolation Cover

Review Coldworld – Isolation

Die Coronapandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen im täglichen Leben warfen eine ganze Reihe von brisanten Fragestellungen auf. Zuvor bereits umstrittene Themen wie persönliche Freiheit und deren Grenzen, der Umgang mit wissenschaftlichen Fakten, Arbeitsbedingungen und die systematische Benachteiligung des globalen Südens gewannen im öffentlichen Diskurs eine neue Dimension. Eine spezifische Auswirkung der allseits verhängten Lockdowns wurde jedoch besonders deutlich spürbar: Isolation. Dass Georg Börner dieses bedrückende Wort zum Titel des dritten Albums seines Soloprojekts COLDWORLD auserkoren hat, weist die Platte als eines der vielen künstlerischen Werke aus, die unter dem Eindruck der Quarantänen und des Social Distancing entstanden sind.

Abschottung und Vereinsamung waren dem deutschen Einzelmusiker zuvor wohl nicht fremd gewesen, wie sich aus Songtiteln wie „Tortured By Solitude“ („Melancholie2“) herauslesen lässt. Im Grunde hat der mit kalten Ambient-Texturen und wehmütigen Geigenpassagen durchzogene Depressive Black Metal der Ein-Mann-Band sich seit jeher für die Vertonung dieses mehr und mehr um sich greifenden Übels angeboten. Den Umständen seiner Entstehung entsprechend geht von „Isolation“ jedoch eine noch verhängnisvollere Stimmung als von den beiden Vorgängerplatten aus.

Langsam, aber mit unausweichlicher Endgültigkeit scheint es COLDWORLD mit trostlosen Gitarren, tragischen Streichern und schnörkellosem Drumming geradewegs ins Verderben zu ziehen. Es ist kein Weltuntergang unter lautem Getöse, den COLDWORLD hier heraufbeschwört, sondern ein quälendes Dahinsiechen, wie das Warten in einer Todeszelle. Auch mit ihren garstigen Screams, Tremolo-Riffs und Blast-Beats klingen die Tracks nicht etwa aufrüttelnd, sondern durch und durch resignierend – das donnernde „Walz“ bildet hier die Ausnahme.

Was es bedeutet, mit dem eigenen Verstand allein zu sein, bekommt man in den unheimlichen Dark-Ambient-Stücken („Leere“, „Five“) besonders eindringlich zu spüren. Fast meint man, COLDWORLD Sartre vehement widersprechen zu hören: Die Hölle sind nicht die anderen, sondern die Abgründe eines Geistes, der keine Menschenseele als Reflexionsfläche um sich hat. Sogar im Sound mag man eine Manifestation des Grundkonzepts erkennen. Dieser ist ebenso unscharf und blass wie das Artwork und lässt den gelegentlichen Hintergrundgesang besonders geisterhaft klingen („We Are Doomed“).

Ob Börner mit „Isolation“ sein bislang stärkstes Black-Metal-Album kreiert hat, ist sicherlich diskutabel. Mit seiner recht dumpfen Produktion und seinem zermürbenden Songwriting, das abschnittsweise keinen klaren Spannungsbogen erkennen lässt und an einzelnen Stellen etwas beliebig erscheint, ist die dreiviertelstündige Platte nicht unbedingt ein Meisterstück wie „Autumn“ (2016). Dennoch hat COLDWORLD damit das nicht nur zu Pandemiezeiten umgehende Gespenst der Einsamkeit auf nachfühlbare Weise eingefangen und damit ein trotz seiner Makel bedeutsames Werk geschaffen.

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Wertung: 7.5 / 10

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2 Kommentare zu “Coldworld – Isolation

  1. „Isolation“ ist sicher nicht das beste Werk von ColdWorld. Ich habe beim Hören immer eher den Eindruck, dass es bruchstückhaft zusammengesetzt ist. Und theoretisch stimmt das ja auch, wenn man die Entstehungsgeschichte der einzelnen Stücke auf Bandcamp nachverfolgt. Insgesamt stellt „Isolation“ aber trotzdem ein den damaligen Umständen entsprechendes kohärentes Werk dar, was letztendlich eher zeitgeschichtlich funktioniert. Und so etwas gibt es ja auch nicht allzu oft.
    Nächstes Mal darf es aber gerne wieder mehr „Album“ sein.

    1. Ja, leider hat mich das Album gar nicht gepackt, nachdem mich die frühen Alben wie auch die EPs alle ziemlich begeistert hatten. Aber gut, kommt vor. Vielleicht nächstes Mal wieder …

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