Mit “Classic Live Tunes” hält die südhessische Band CIRCLE OF PAIN ihr bisher aufwändigstes Projekt für die Nachwelt fest: Kern der DVD ist das Konzert der Band in der Südhessenhalle, in dessen Rahmen ihr Konzeptalbum „Paradox Of Constitution“ zusammen mit dem „Südhessen Symphonic Orchestra“ aufgeführt wurde. Dieser Teil der DVD nimmt in etwa 75 Minuten ein. Aber damit ist noch lange nicht Schluss: Es gibt noch drei Zugaben zu sehen, sowie eine weitere, ca. 50-minütige Show voller Balladen und Covertracks. Dazu liefert die Band umfangreiches Zusatzmaterial: etliche Fotogallerien und Filme, die sowohl die Vorbereitungen der Show als auch die Entstehung der Filmsequenzen für die Show zeigen. Hier darf die Band auch einmal selbst zu Wort kommen.
Auch auf der technischen Seite ist alles im grünen Bereich: Bild und Ton wissen zu überzeugen, man bietet dem Hörer die Möglichkeit, neben Dolby Stereo das Konzert auch in 5.1.-Sound zu genießen. So weit, so gut!
Nun gehört zu einer gelungenen DVD aber leider auch mehr, als nur eine lange Spielzeit und gute technische Umsetzung. Neben Quantität geht es eben auch im Qualität. Das wichtigste Element ist und bleibt zweifelsohne die Musik. Und da gibt es bei CIRCLE OF PAIN leider ein paar Negativkonnotationen: Wie man anhand des Covers, der Songtitel und auch schnell nach den ersten Titeln der DVD erkennen kann, handelt es sich um lupenreinen Hardrock mit gelegentlichem symphonischen oder metallischen Einschlag. Diese Musik ist gemeinhin dafür bekannt, entweder sehr zu grooven, oder durch wirklich einprägende Refrains mitzureißen. Leider findet sich bei CIRCLE OF PAIN weder das eine, noch das andere. Die involvierten Musiker sind größtenteils sicherlich nicht allzu schlecht, leisten sich keine Fehler, haben aber auch nicht einen Moment, wo sie mal glänzen. Ihre Musik plätschert an dem Hörer vorbei, obwohl sie durchaus versuchen, sie abwechslungsreich zu gestalten. Aber die Wirkung stellt sich bei Hörer einfach nicht ein. Das liegt insbesondere an Sänger Uwe Johann, der mit seinem ausdruckslosen Gesang weder die in Balladen nötige Brillianz oder Einfühlsamkeit hat, noch in den schnelleren und härteren Nummern eine richtige Rockstimme. Hier erinnert mich die Band sehr an italienische Powermetal-Kapellen. Erzählpassagen zwischen den Songs wirken, wie das meistens der Fall ist, eher kitschig und überflüssig, als stimmungsfördernd. Die Einbindung des Orchesters hätte zudem etwas deutlicher erfolgen können, sie sind sowohl bild- als auch tontechnisch größtenteils im Hintergrund gehalten. Die Ernsthaftigkeit der Zusammenarbeit wird hier nicht wirklich herausgestellt. Zumindest interessant sind die Passagen, in denen Bassist Sandro Lo Giudice seinen Bass mit einem Drumstick bearbeitet. Ebenso okay geht das Schlagzeugsolo von Holdy Wahlig – eine nette Beigabe.
Die Making Of-Filme sind dann zwar nett gemeint – damit stellt sich die Band meiner Ansicht nach aber selbst ein Bein. Denn erst hier erkennt man den Rahmen, in dem diese filmtechnisch recht professionell wirkende Performance wirklich eingefangen wurde. Die Südhessenhalle wirkt hier in „unverkleidetem“ Zustand wie eine alte, unbenutzte Turnhalle, deren Fenster dann später einfach mit schwarzem Tuch zugehangen wurden und in die man, salopp gesagt, ein paar Stühle gestellt und ein paar Kameras platziert hat. Immerhin muss man hier attestieren, dass dies bei dem eigentlich Konzert gar nicht auffällt. Da wurde gute Arbeit geleistet. Die Band gibt sich im Zusatzmaterial betont privat und persönlich, erläutert Einzelheiten zur Bandgeschichte und zur Story des Albums. Auch das wirkt aber ungemein „komisch“, da klingelt einfach mal ein Handy und es wird während laufender Kamera die SMS gelesen, oder zwei Beteiligte, die gerade nichts erzählen, unterhalten sich einfach untereinander. Wir erfahren hier auch, dass CIRCLE OF PAIN keineswegs eine Band ist, die sich mit „schwarzen Dingen“ befasst, sondern dass der Name vielmehr die Leidensgeschichte der Band bezeichnen soll – man hat wohl unter vielen Besetzungswechseln und ähnlichen Problemen leiden müssen. Das Konzeptalbum „Paradox Of Destitution“ sei vielmehr ein christliches Rockalbum, ohne Missioniergedanke, sondern nur darauf bedacht, die Nähe zwischen Jesus und den Menschen zu vertonen. Ich muss gestehen, dass ich mich mit den Lyrics nicht weiter beschäftigt habe. All das wirkt in der Art und Weise wie es aufgenommen ist, reichlich unprofessionell. Man möchte privat erscheinen, es gelingt aber nicht. Auch das Publikum, eine Mischung aus kleinen Kindern, vielen 30-40-Jährigen und ein paar älteren Semestern, wirkt künstlich zusammengestellt. Irgendwie so, als habe man die halbe Dorfgemeinschaft oder den großen Verwandtenkreis eingeladen.
Spätestens dieses Zusatzmaterial bringt also ans Licht, was sich hinter CIRCLE OF PAIN und ihrem aufwändigen Projekt wirklich versteckt. Nichts anderes, als der Versuch einer regional bekannten Band, einmal ein Produkt abzuliefern, was auch international Aufmerksamkeit erregt. Leider gelingt dies der Band hier nicht.
Und mal ehrlich, wer von euch, der nicht aus Südhessen kommt, hat schon mal etwas von CIRCLE OF PAIN gehört? Fans aus der Region werden höchstwahrscheinlich zuschlagen, alle anderen kann ich „Classic Live Tunes“ dann aber doch nicht wirklich empfehlen.
Im übrigen gibt es, separat erhältlich, auch eine Doppel-CD mit einer Auswahl an Songs von dieser DVD.
Wertung: 4.5 / 10