Review Chthonic – Seediq Bale

Taiwan. Eine knapp 400 km lange und 140 km breite Insel im Westen Chinas. Die dort lebenden 24 Millionen Menschen haben mit der schwermetallischen Welt nicht sonderlich viel zu tun, mag man meinen. Manch einer dürfte Seraphim kennen, eine symphonische Heavy Metal Band mit Frauengesang, doch dann dürften viele wie auch ich schon am Ende mit dem Thai-Latein sein. Doch nun drängt eine der erfolgreichsten taiwanesischen Bands darauf, die westliche Welt zu erobern – CHTHONIC.

Benannt nach dem griechischen Gott der Unterwelt musizieren die aktuell vier Männer und zwei Frauen bereits seit 1995 und sind mit ihren vier Alben in Asien Superstars der Rock-/Metal-Szene. Das wird übrigens auch durch die drei der CD beigefügten Videoclips deutlich gemacht, vor allem beim Livevideo zu „Bloody Gaya Fulfilled“ sieht man etliche asiatische Konzertbesucher feiern. „Seediq Bale“ ist nun bereits das vierte CHTHONIC-Album, original schon 2005 veröffentlicht, kommt es über Down Port Music im Februar 2007 auch zu uns. Das Coverartwork wurde natürlich westlichen Standards angepasst, das ursprüngliche hat einen typischen Anime-Touch vorzuweisen.

Musikalisch hat man also definitiv keine Undergroundkapelle zu erwarten, und das bekommt man auch nicht. CHTHONIC spielen ihre ganz eigene Interpretation von Black Metal, wenn man es denn so nennen mag. Alles ist megabombastisch, symphonisch und klischeetriefend – man sehe sich nur mal ein Bandfoto an, auf dem alle Sechs mit Corpsepaint und der Schlagzeuger gar mit einer nietenbehafteten Maske daherkommt. Musikalisch bewegt man sich größtenteils in Regionen, die zehn Jahre vorher von Stormlord, Dimmu Borgir, Emperor und Cradle Of Filth abgegrast wurden (mit dem aktuellen Material der genannten Bands ist das hier besprochene nicht vergleichbar). Melodischer Black Metal also mit gewaltig Bombast, Frauengesang und hoher Kreischstimme, die am ehesten nach dem Frontmann von Bal-Sagoth klingt.

Eine bloße Kopie der europäischen Altmeister des Genres sind CHTHONIC aber nicht, so bauen sie etwa bei „Indigeous Laceration“ moderne, schwere (Metalcore)-Riffs ein, was auch wirklich gut klingt, dazu gibt es ab und an auch hörbare Soli. Exotenbonus bringt der Einsatz der Er-Hu, eine zweisaitige chinesische Violine, die für traurige Töne sorgt – aber leider viel zu selten und hintergründig zum Einsatz kommt. Was sie leider nicht schaffen ist, hier eine düstere oder bedrohliche Atmosphäre aufzubauen. Die Taiwanesen setzen dafür wohl ein wenig zu sehr auf schwülstige und aufdringliche Keyboardmelodien und, natürlich, den allgegenwärtigen Bombast. Ein paar oft konfus wirkende Breaks und das manchmal verworren wirkende Songwriting machen die Scheibe außerdem zu einem gewissen Grad recht anstrengend zu hören, die Lieder prägen sich auch nach mehreren Hördurchgängen nicht sonderlich leicht ein, dazu fehlt ein wenig die klare Linie und es wird oft viel zu viel in die einzelnen Lieder gesteckt. Das 44-minütige Album auf 50 Minuten zu strecken oder einfach ein wenig wegzulassen hätte hier Wunder wirken können. CHTHONIC bemühen sich um Abwechslung und Vielseitigkeit, schießen dabei aber übers Ziel hinaus, sodass die Songs in sich geschlossen viel Abwechslung bieten, sich im Gesamtbild aber schon wieder zu ähnlich sind. Irgendwie fehlt auch die Power und die Durchschlagskraft, es ist auch kein Überhammer von einem Lied oder ein besonderer Anspieltipp dabei.

CHTHONIC beherrschen zweifellos ihre Instrumente ganz wundervoll, nur am Songwriting und der Umsetzung muss hier noch gefeilt werden. Für Freunde von Alben wie „Dusk And Her Embrace“ (CoF) und „Enthrone Darkness Triumphant“ (DB) sollte „Seediq Bale“ allemal eine Empfehlung wert sein, auch wenn man eben nicht die Qualität und Klasse dieser altgedienten Großtaten erreichen kann.

Wertung: 6.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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