Mittlerweile knapp 40 Jahre aktiv haben sich die schwedischen Doom-Metaller CANDLEMASS schon seit langem als die einzig wirklich effektive Ersatzdroge für Black-Sabbath-Fans mit Entzugserscheinungen etabliert. Natürlich hat die Truppe aus Stockholm ihren eigenen Stil, aber Bandkopf Leif Edling (Bass) macht selbst keinerlei Hehl daraus, dass die britischen Ur-Metaller in ihren verschiedenen Inkarnationen seine Hauptinspirationsquelle sind. Nachdem CANDLEMASS in den letzten 20 Jahren zwischen ihren bekannten Sängern Messiah Marcolin, Robert Lowe und Mats Levén hin- und hergewechselt hatten, reaktivierte die Band 2018 mit Johan Länqquist ihren Ur-Sänger. Nach seinem Debüt „The Door To Doom“ darf der Mann nun auf „Sweet Evil Sun“ zum zweiten Mal seit seiner Rückkehr in Albumlänge für die Mannschaft singen.
Die stilistische Nähe zu Black Sabbath ist natürlich auch auf diesem Album von Anfang an spürbar: „Wizard Of The Vortex“ leitet „Sweet Evil Sun“ mit zähem Lavalampen-Riffing und andächtigen Soli direkt aus der Schule von Tony Iommi ein und paart sie mit typischen Gesangslinien im Stile von Dio zu Zeiten von „Heaven And Hell“. Ganz ähnlich verhält es sich mit Nummern wie dem mitreißenden „Angel Battle“, dem brillanten „Devil Voodoo“ oder auch „Goddess“. CANDLEMASS spielen auf „Sweet Evil Sun“ also alle ihre Stärke aus, wobei auffällt, dass die Platte insgesamt noch etwas langsamer – und damit atmosphärischer – geraten ist als manches vorheriges Album der Schweden.
Wirklich rasante Ausreißer wie „Lucifer Rising“ oder „House Of Doom“ finden sich auf „Sweet Evil Sun“ keine, denn CANDLEMASS setzen in dieser Runde vornehmlich auf hypnotischen Groove – wie die zuvor genannten Songs aber mehr als deutlich machen, fällt auch das erfrischend abwechslungsreich und vielschichtig aus. Trotz des gedrosselten Tempos gibt es aber auch auf diesem Album prägnantere Momente: Der kurze, eingängige Titeltrack etwa entpuppt sich rasch als typische CANDLEMASS-Single und erinnert stark an das Material vom leider einzigen Heaven-&-Hell-Album. Und mit dem düsteren und doch rockigen „Scandinavian Gods“ schlägt die Band dann noch etwas ungewohntere Töne an.
Sänger Johan Längquist macht wie schon auf dem Vorgänger auch auf „Sweet Evil Sun“ einen soliden Job, das Gefühl, er sei das schwächste Glied in der Kette, lässt sich aber nie vollständig abschütteln. Zwar passt sein rauchiges Organ grundsätzlich zu den Songs, allerdings fehlen ihm der Ausdruck und die Theatralik eines Mats Levén oder Robert Lowe – man kann sich nur vorstellen, wie deren Stimmen Songs wie „Angel Battle“ oder das zähe „Black Butterfly“ veredelt hätten. Nun sollte man mit Herrn Länqquist aber nicht zu hart ins Gericht gehen, denn er formte den CANDLEMASS-Sound immerhin in seinen Anfangstagen und seine bluesige Stimme passt hervorragend zu Nummern wie etwa „Devil Voodoo“.
Sicher sind CANDLEMASS weit mehr als eine bloße Black-Sabbath-Kopie, aber auch auf „Sweet Evil Sun“ wird wieder deutlich, wer sich von der Musik vornehmlich angesprochen fühlen darf. Die Schweden sind nicht ohne Grund die inoffiziellen Nachlassverwalter von Tony Iommi und Co. und liefern mit ihrem 13. Album einmal mehr traditionellen Doom Metal auf allerhöchstem Niveau. Langjährige Fans werden mit der Wahl des neuen alten Sängers vermutlich vollends zufrieden sein, weil auf den Mann seither aber eine fantastische Stimme nach der anderen folgte, ist alleine seine Beteiligung am Debüt der Truppe keine Carte Blanche. Fans von CANDLEMASS (und Black Sabbath), aber auch auch Freunde von atmosphärischem Heavy Metal im Allgemeinen sollten „Sweet Evil Sun“ unbedingt ein paar Durchläufe gönnen.
Wertung: 8 / 10
Cool – das ist mir komplett enkommen und ich danke vielmals für den Hinweis! Es ist entsprechend korrigiert.
Johan Länqquist ist Gründungsmitglied von Candlemass und Sänger auf dem Debütalbum Epicus Doomicus Metallicus. So manch langjähriger Fan dürfte sehr zufrieden mit der Wahl sein.