Normalerweise gründen Musiker Nebenprojekte, wenn sie Songs kreieren wollen, die nicht zum Grundton ihrer Hauptbands passen. Im Black Metal ist es hingegen nicht unüblich, ein Dutzend musikalischer Outlets zu haben, die sich jedoch nur minimal in ihrer Stilistik voneinander unterscheiden. Eine einleuchtende Erklärung für die Gründung von CANCER bleiben die fünf Mitglieder, die allesamt auch bei Deadspace spielen, ihren Zuhörern dennoch schuldig. Zwar bewegen sich die Australier auf ihrem Debüt „Into The Heartless Silence“ deutlicher in Richtung Depressive Black Metal, die Ähnlichkeit zum Post-Black-Metal ihrer Hauptband ist jedoch unüberhörbar.
Ihre vermeintliche Vorliebe für unansehnliche Artworks leben die Australier leider auch in CANCER aus: Wo Deadspace jedoch manches mal mit ihren dürftig nachbearbeiteten Bildern von der an sich hervorragenden Musik ablenkten, gewährt das unangenehm unruhige Foto auf dem Cover von „Into The Heartless Silence“ einen vielsagenden Ausblick auf das zu Hörende. Das Album klingt demnach durch und durch niederschmetternd – und seltsam unscharf.
Die Ankündigung, die Platte werde bewusst so klingen, als hätte die Aufnahme in einer finsteren Höhle stattgefunden, erweist sich bis zu einem gewissen Grad durchaus als zutreffend – allerdings dahingehend, dass man meinen könnte, der Gesang und die Instrumente wären in unterschiedlichen Räumen aufgenommen worden. Während letztere zwar äußerst roh, aber noch halbwegs vertretbar in Szene gesetzt wurden, kann sich der viel zu leise und gedämpft abgemischte Gesang im Gesamtsound kaum behaupten.
Dass sich CANCER soundtechnisch so unter Wert verkaufen, ist gerade in dieser Hinsicht bedauerlich, da Sänger John Pescod hier seine wohl bisher vielseitigste Gesangsleistung erbringt – es wird fies gescreamt, monströs gegrowlt, verzweifelt gekreischt und manchmal sogar gleichsam verträumt und wehmütig gesungen („The Sleepless Waltz“). Auch mit ihren Instrumenten verfolgen CANCER hin und wieder ein paar interessante Ansätze. So klingt etwa „Ouroboros“ überraschend verhängnisvoll und der abschließende Neunminüter „Wehe mir“ beginnt mit einer wunderbar einfühlsamen Gitarrenmelodie. Die meiste Zeit über verlieren sich CANCER jedoch in eintönigem und nur selten mitreißendem Gekloppe, das den einprägsameren Nummern von Deadspace nicht das Wasser reichen kann.
Sieht man davon ab, dass CANCER auf „Into The Heartless Silence“ in Sachen Produktion und Songwriting grobschlächtiger zu Werke gehen, als man es von dem sonstigen Schaffen des Quintetts gewohnt ist, hat das Debüt der Australier eigentlich nichts Neues zu bieten. Zwar verleihen die Depressive-Black-Metaller ihren Gefühlen hier ebenso unumwunden Ausdruck, dennoch fällt der Vergleich mit Alben wie „The Liquid Sky“ sehr einseitig aus – und das nicht zugunsten von CANCER. Ihre Einfälle und Energie sollten sich die dahinterstehenden Musiker somit lieber für Deadspace aufsparen.
Wertung: 6 / 10