Review Callejon – Metropolis

Mal ehrlich, hat wirklich jemand ernsthaft damit gerechnet, dass CALLEJON nach dem durchaus umstrittenen letzten Album „Fandigo“ nochmal zu ihren musikalischen Wurzeln zurückkehren würden? Der Rezensent auf jeden Fall nicht. Doch nun stoßen CALLEJON die Tore zu „Metropolis“ weit auf. Zu der Stadt, über der das Blitzkreuz thront, zu deren Sehenswürdigkeiten das Videodrom zählt und in deren Straßen die Angst regiert. Und diejenigen, die dem Ruf Folge leisten und Metropolis betreten, werden ihren Ohren (und Augen) kaum trauen, denn dieses Album ist zu großen Teilen vor allem eines: vollgepackt mit 100 Prozent Oldschool-CALLEJON-Sound.

Doch bevor die musikalische Wucht von „Metropolis“ über den Hörer hereinbricht, lohnt sich ein genauerer Blick auf das Artwork der Scheibe. Erneut aus der Feder von Frontmann und kreativem Mastermind BastiBasti, atmet die grafische Aufbereitung des Albums praktisch den Geist von CALLEJON. Besser kann ein Artwork gar nicht auf ein Album einstimmen. Genauso finster, brutal und hoffnungslos wie das Cover ist nämlich auch die musikalische Seite von „Metropolis“. CALLEJON befassen sich schonungslos offen mit Selbstsucht, Gier, Kapitalismus, Umweltzerstörung, Kriegstreiberei und dem Egoismus unserer heutigen Gesellschaft. Waren die Jungs schon immer sozialkritisch unterwegs, drehen sie die textlichen Daumenschrauben diesmal noch fester an.

Schon der Opener und Titelsong „Metropolis“ erklingt dabei in perfekter Symbiose aus fetten Riffs, treibenden Drums, wütenden Lyrics und der Hoffnung auf Erlösung im Refrain. Zeilen wie „Ich fall‘ nach oben, ungebremst stürz‘ ich ins Licht. Reiß‘ mich aus meiner Haut, ein Blitz in mir, ich fühle dich. Und bin ich wiedergebor’n, dann kämpf‘ ich um dich, sonst ist alles verlor’n“ sorgen sofort für Gänsehaut und schreien geradezu danach, live frenetisch mitgebrüllt zu werden. Einen so starken Opener haben CALLEJON seit „Blitzkreuz“ nicht mehr aus dem Ärmel geschüttelt. Die Erwartungen sind also schon nach dem ersten Song hoch und werden auch im Folgenden nicht enttäuscht. Eher sogar noch getoppt. Mit „Gottficker“ legen die Jungs nicht nur einen genialen Songtitel und ein unterhaltsames Video vor, sondern holzen auch endlich wieder herrlich brutal und angepisst durch das Album. In eine ähnliche Kerbe schlagen „Dies Irae“ und „Herr der Fliegen“, die auch textlich keine Gefangenen machen.

Ein Hauch „Fandigo“ klingt noch bei „Blut“ oder „Die Krähe mit dem Schädelbauch“ durch, gehen die Songs doch stellenweise in eine ähnlich experimentelle Richtung. Gänzlich ungewohnte Töne schlagen CALLEJON mit „Die Fabrik“ an: Kalte Industrial-Sounds treffen auf hart intonierte Vocals und sägende Riffs. BastiBasti zeigt mit den Lyrics präzise auf, wie konsumsüchtig und abhängig von gewissen E-Commerce-Giganten wir inzwischen sind. Natürlich kommen auf „Metropolis“ auch die ruhigen Momente nicht zu kurz. Besonders „Katakomben“ ist ein außergewöhnliches Stück Musik: CALLEJON nehmen sich Zeit, bauen den Song langsam auf, bevor das Gitarrenduo Bernie und Kotsche eine packende Melodie und fast schon doomige Riffs vom Stapel lassen. Gänsehaut garantiert.

Der Besuch in Metropolis endet genau da, wo die Reise begonnen hat: mit den Worten „Willkommen in Metropolis“. Denn aus dieser Stadt, aus dieser kaputten Welt gibt es kein Entkommen. Wie BastiBasti schon treffend anmerkt: Die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Aber wenn CALLEJON mit „Metropolis“ den Soundtrack zu unserem Untergang vertont haben, lässt sich dieser um einiges besser aushalten als gedacht. Bleibt zu hoffen, dass es diese Welt noch ein paar Jahre macht und wir uns auf noch mehr CALLEJON-Alben von diesem Kaliber freuen dürfen.

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Juan Esteban

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