Es gibt immer wieder Bands, die die Hörerschaft spalten, doch nur bei wenigen gehen die Meinungen so weit und so nachhaltig auseinander wie bei BRING ME THE HORIZON. Für die einen die beste Band der Gegenwart, sehen die anderen in den Briten eine abartige Kreuzung aus Metalcore und Mainstreamanbiederung. Nach dem vielgelobten „Sempiternal“ schickt sich die Band nun an, ihre Kritiker mit einem Livezeugnis namens „Live At Wembley“ in die Schranken zu weisen.
Dabei ist die Wembley Arena bekanntermaßen ein raues Pflaster, das schon Szenegrößen wie Machnie Head die Grenzen aufgezeigt hat. Keine einfachen Vorbedingungen also für BRING ME THE HORIZON, die sich im Herbst 2014 gut 12.000 Fans stellten.
Beginnend mit „Shadowmoses“ macht die Truppe von Anfang an deutlich, dass sie sich der Bedeutsamkeit dieses Gigs bewusst ist und gibt Vollgas, was in gleichem Maße für die Fans gilt, die besonders im Chorus der Band die Arbeit abnehmen und das ansteckende „This Is Sempiternal!“ mit voller Inbrunst herausbrüllen. Diese Sangesfreudigkeit und Textsicherheit bleibt auch im weiteren Verlauf von „Live At Wembley“ sehr präsent, was das Livefeeling sehr gut auf den heimischen Bildschirm transportiert und zugleich die Hingabe der Fans zur Band unterstreicht. Dieser Umstand wird noch durch die sehr gute Kameraführung unterstrichen, sodass sich der Eindruck einstellt, dass die Anwesenden ihr letztes Hemd für BRING ME THE HORIZIN geben würden.
Perfekt in die Show eingefügt sind die Videosequenzen, sowohl auf den übergroßen Bildschirmen, als auch auf der DVD, auf der diese in die Show reingeschnitten wurden. Denn obwohl diese Ausschnitte immer wieder kurz die Livebilder überlagern, sind sie der Stimmung zuträglich. Zusätzlich gibt es auf der DVD extra Animationen, wie während „Antivist“, bei dem im Chorus immer wieder die Worte „Up“ und „Fuck“ an den ensprechend zu schreienden Stellen über die Show gelegt wurden.
Interessant zu beobachten ist während der ganzen Show, wie Fronter Oliver Sykes die Zuschauer im Griff hat und ihm diese aus der Hand fressen. Circle Pit? Wall Of Death? Was immer der Mann gern hätte wird ihm prompt geliefert, natürlich mit der bereits erwähnten Hingabe. Auch der Bitte, dass doch alle Fans per Cowdsurfing zu ihm nach vorn kommen sollen um abzuklatschen kommen sehr viel Fans mit offensichtlicher Freude nach.
Zu den gespielten Songs gibt es nicht übermäßig viel zu sagen, da man die üblichen Verdächtigen neben vielen Nummern von „Sempiternal“ antrifft. „Diamonds Aren’t Forever“, „Chelsea Smile“ und „Antivist“ sind absolute Abrissbirnen, „The House Of Wolves“ hingegen begeistert mit starken Meldodieführungen und natürlich darf auch das ruhigere „Sleepwalking” nicht fehlen, ehe „Can You Feel My Heart“ das Ende von „Live At Wembley“ einläutet und BING ME THE HORIZON eine beglückte und mit Sicherheit zum größten Teil heisere Fanmeute in die Nacht entlassen.
Einziger Wehrmutstropfen ist der Umstand, dass Mr. Sykes stimmlich leider nicht in absoluter Topform ist, was ja aber bekanntlich keine Seltenheit ist. Trotzdem Schade. Das Doku- oder Backstageclips komplett fehlen, tut „Live At Wembley“ hingegen nicht wirklich einen Abbruch.
Ob BRING ME THE HORIZON ihre Kritiker mit ihrer neuen Liveveröffentlichung überzeugen können, bleibt abzuwarten. Fakt ist jedoch, dass die Truppe auf „Live At Wembley“ eine beeindruckende Show abliefert, die eigentlich in jedem Metalfan einen gewissen Bewegungsdang im Nackenbereich auslösen dürfte. Ganz großer Sport, was man auch bei aller möglichen Abneigung schlicht anerkennen muss.
Wertung: 8.5 / 10