Jason Köhnen ist in über 30 Jahren ganz schön rumgekommen: Seit seiner Zeit als Drummer bei der Doom-/Death-Kapelle Celestial Season (die er 1991 mitgegründet hat) hat der Niederländer verschiedenste Projekte für seine sehr unterschiedlichen musikalischen Geschmäcker etabliert. Egal ob experimenteller Jazz (The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble, The Mount Fuji Doomjazz Corporation), okkult angehauchter Doom mit Frauengesang (The Answer Lies in The Black Void) oder Breakbeats (Voodoom) – für beinahe jeden Geschmack ist etwas dabei. BONG-RA als eines der ältesten Projekte von Köhnen ist seit 1997 aktiv – mit Stoner-Rock (wie man aufgrund des Namens vermuten könnte) und Sun-, Amen– oder sonstigen Ras hat das aber nichts zu tun.
BONG-RA ist primär Drum’n’Bass, jedoch mit mehr als nur einer Prise Metal angereichert. Mit „Bikini Bandits, Kill! Kill! Kill!“ hatte es Köhnen ab 2003 auch international zu einem höheren Bekanntheitsgrad gebracht, denn die Kombination aus Breakbeats, Stromgitarren und harten Bass-Synth-Lines war bis dato tatsächlich eher neu. Mit seinem neuesten Album „Black Noise“ besinnt sich der Multiinstrumentalist auf alte Tugenden und präsentiert ein Brett, welches einerseits modern, andererseits oldschool daherkommt.
Der Opener „Dystopic“ zeigt in jeder Hinsicht, wohin die Reise geht: Köhnen startet mit rund 100 bpm, was die ersten Minuten von „Black Noise“ spürbar Richtung Industrial schubst. Die Drums klingen ganz offensiv nach Drum-Computer, das nicht allzu virtuose, Death-Metal-lastige Riffing (sowohl Gitarre als auch Bass) kommt eher räudig daher, ebenso wie die gegrowlten Vocals. So weit, so stumpf. Was auffällt: Während die trockene und Attack-betonte Kick dem Vergleich mit Metal-Alben à la „Demanufacture“ von Fear Factory noch halbwegs standhält, klingt die Snare irgendwie nach mumpfigen Pappdeckel – was bei niedrigen BPM-Zahlen auch für Industrial-Verhältnisse billig wirkt.
Dieser Eindruck ändert sich spätestens ab der zweiten Hälfte des Songs, als BONG-RA in den Double-Time-Modus wechselt und bei rund 200 bpm das klassische Amen-Break (der Archetyp des Breakbeats, im Original 1969 auf dem Stück „Amen, Brother“ von The Winstons veröffentlicht) aus den Boxen hämmert – inklusive genretypischen Cymbals und Percussion. Ziemlich hektisch und auf die Zwölf, aber in Verbindung mit den erstmalig nicht gesampelten, sondern von Köhnen selbst eingespielten bzw. -gegrowlten Saiteninstrumenten und Vocals auch ziemlich cool.
Diesem Schema bleibt der Niederländer auf den neun Tracks und insgesamt knapp 40 Minuten treu, die Varianz im Songwriting hält sich in Grenzen. „Black Noise“ ist die BONG-RA-typischste Platte seit vielen vielen Jahren und trotz moderner Effekte (Glitches und Chops en masse) angenehm oldschool. Lediglich „Useless Eaters“ mit seinem Hardcore-Techno-Ansatz (four to the floor) und der etwas ruhigere (balladesk wäre übertrieben) Albumcloser „Blissful Ignorance“ stechen heraus.
Die Produktion bietet allerdings Luft nach oben: Der Mix ist dreckig, die Instrumente stark verzerrt, was zu Lasten des tieffrequenten Fundaments geht, welches man bei elektronischer Musik in dieser Form erwarten würde (kurz aus tontechnischer Sicht erklärt: Je mehr Zerre, desto weniger Bassfrequenzen sind übrig). Für den Clubbetrieb scheint dieses Album nicht gemischt zu sein. Für den Heim- bzw. Kopfhörerbetrieb geht das dann schon irgendwie klar, auch wenn gerade das Mastering bei weitem nicht so druckvoll wie bei aktuellen Metalcore-Produktionen daherkommt.
Die ausgesprochen dystopische Atmosphäre, ganz im Stile alter PRSPCT-Recordings-Veröffentlichungen (legendäres Rotterdamer Breakcore-Label, welches auch in Metalkreisen populär wurde), macht „Black Noise“ zum perfekten Soundtrack einer Dystopie, die die Menschheit auf diesem Planeten hoffentlich nie ertragen muss. Mit klassischem Metal hat BONG-RA nichts zu tun, wer aber mit massiven elektronischen Elementen oder sogar „urbaner Clubmusik“ kein Problem hat und es etwas härter mag, darf bedenkenlos ein Ohr riskieren.
Wertung: 8 / 10