Mit glühender Vorfreude erwarteten viele Musikfans das zweite Album von BLUES PILLS, die ihren Hard Rock mit einigen Blues-Elementen anreichern und durch ihre psychedelisch-schillernden Lieder die 60er- und 70er-Jahre in neuem Glanz erstrahlen lassen. Jetzt steht mit „Lady In Gold“ das zweite Studioalbum in den Startlöchern und es gilt zu klären, ob das Quartett angesichts des selbstbetitelen Vorgängers die hohen Erwartungen abermals erfüllen kann.
Dafür waren nicht nur hitverdächtige Stücke wie „No Hope Left For Me“ oder „High Class Woman“ verantwortlich, sondern auch die Hingabe mit der die vierköpfige Band ihr bisheriges Repertoire präsentierte. Von dieser Hingabe haben die Musiker glücklicherweise nichts eingebüßt, was der eröffnende und bereits vorab veröffentlichte Titelsong umgehend unter Beweis stellt. Vermehrt werden in den Songs Chöre eingesetzt, die auf „Blues Pills“ eher eine untergeordnete Rolle spielten. So erinnert beispielsweise „Little Boy Preacher“ an eine Gospel-lastige Rocknummer. Aber auch an emotionalen und musikalisch-abgespeckten Balladen wird sich im Rahmen des Longplayers ausprobiert, was die Bandbreite der Musiker überraschend und doch glaubwürdig erweitert. „I Felt A Change“ lebt neben dem fesselnden Soul-Gesang von Piano-Klängen und dezenter Synthie-Untermalung. „Gone So Long“ bedient in Folge die düstere Seite des Blues Rock und wird von galoppierendem Schlagzeugspiel getragen.
Die zweite Hälfte des knapp 40-minütigen Releases eröffnet in heiterer Weise mit „Bad Talkers“, das mit einen drei Minuten ebenfalls das kürzeste Stück darstellt, während „You Gotta Try“ vor allem in den ersten Takten stark von Funk-Gitarren geprägt ist und sich gegen Ende zu einem intensiven Song mausert, dessen Hard-Rock-Qualitäten förmlich zu explodieren scheinen. „Rejection“ beinhaltet wabernde Gitarren, die in psychedelischer Manier ein- und ausfaden und gegen Ende ein hintergründig-verzerrtes Solo platzieren, das stark an den Garage Rock der 70er-Jahre erinnert. Den fulminanten Schlusspunkt setzt mit „Elements And Things“ das wahrscheinlich typischste BLUES-PILLS-Stück, das vor allem weitläufige Instrumental-Passagen und die energetische Gesangsleistung dadurch auf ein neues Level hebt. Die Produktion lässt weitgehend keine Wünsche offen, spiegelt sie doch die Perfektion des zugehörigen Labels Nuclear Blast gekonnt wieder und lässt doch Platz für eine organisch-einheitliche Atmosphäre.
Mit „Lady In Gold“ schafft es die multi-nationale Truppe BLUES PILLS auch beim zweiten Streich ein fesselndes Album einzuspielen, das über Piano-Balladen, düster-mystische Blues-Nummern und beschwingte Rocksongs massig Abwechslung zu bieten hat. Auch wenn die einfach zugänglichen Titel dieses mal entfallen bleibt dieses Zweitwerk ein intensives, wenn auch weniger greifbares, und hochwertig produziertes Album mit starkem Songwriting. BLUES PILLS gehören 2016 zu den Bands, die die Speerspitze der Retro-Rock-Welle bilden und sollten ihren Erfolg spielerisch festigen bzw. ausbauen können.
Wertung: 8.5 / 10