Kaum eine Band wurde in den letzten Jahren mit so vielen Vorschusslorbeeren überschüttet, wie es bei den BLUES PILLS der Fall war. Das multikulturelle Quartett, welches mittlerweile im schwedischen Örebrö beheimatet ist, schaffte es ohne echtes Album, sich eine große Anhängerschaft zu erspielen. Überhaupt schien es so, als würde sich die Truppe rund um Sängerin Elin Larsson lieber auf Bühnen austoben, als sich im Studio zu verkriechen und nach insgesamt vier EPs, veröffentlichte man nun endlich das selbstbetitelte Debüt.
Bevor es um die Musik geht, muss man aber erst auf das zu sprechen kommen, was bei jedem CD-Kauf als Erstes ins Auge sticht, nämlich das Artwork. Im Falle von „Blues Pills“ ist dieses tatsächlich etwas Besonderes, denn es handelt sich um ein Gemälde der Künstlerin Marijke Koger-Dunham und hat schon einige Jahrzehnte hinter sich. Es trägt den Namen „Love Life“ und zeigt, wie authentisch Musik mit der Malerei zusammenwirken kann.
Die Eröffnung des Albums erfolgt durch das bereits bekannte, wenn auch bisher nicht veröffentlichte, „High Class Woman“. Die Qualitäten der Band kommen somit direkt zur Geltung. Da wäre allem voran die fantastische Stimme von Elin Larsson, die vor Kraft und Emotionen strotzt. Es scheint als würde dieser jungen Dame niemals die Energie ausgehen. Gitarrist Dorian Sorriaux spielt sein Instrument mit Herz und Leichtigkeit, kreiert viele komplexe Strukturen und doch bleibt die Musik stets eingängig. Als würden ihm die Riffs und Melodien just im Moment des Spielens einfallen, verleiht er dem Sound die nötige Leichtigkeit, aber auch entsprechende Tiefe. Dabei gipfeln seine Darbietungen immer wieder in feinen Soli. Ein anderer Punkt, der sich bereits beim Opener andeutete, zeigt sich bei „Ain’t No Change“ viel deutlicher, denn hier treten Bassist Zack Anderson und Drummer Cory Berry intensiver in Erscheinung. Sie zeigen, wie wichtig die Symbiose der einzelnen Elemente ist. Der Basslauf wirkt hypnotisch, während das Schlagzeug den Rhythmus immer weiter vorantreibt. Wer die bisher veröffentlichten EPs der Band sein Eigen nennt, der darf gern versuchen, ob er erkennt, welches „ehemalige“ Stück der Band hier umgeschrieben wurde.
Überhaupt befinden sich auf „Blues Pills“ fast ausschließlich bekannte Stücke, jedoch stets in Feinheiten oder gar komplett überarbeitet. Das psychedelisch angehauchte „Jupiter“ beispielsweise ist kein anderer Song als das bekannte „Bliss“, nur deutlich besser produziert und nun mit englischem Text. Ebenfalls überarbeitet zeigen sich die beiden Bandhymnen „Black Smoke“, welches sehr stark an die Labelkollegen von Graveyard erinnert, und „Devil Man“. Das neue „Devil Man“ bietet überraschenderweise einen gänzlich anderen Einstieg und lässt den bewährten, kraftvollen Solo-Part der Sängerin außen vor. Die Tatsache, dass fast alle Lieder bereits auf einer der EPs veröffentlicht wurde, ist tatsächlich der einzige kleine Schwachpunkt. Jedoch hat man sich nicht selbst kopiert, sondern hier wurde wirklich gearbeitet und das macht diesen Beigeschmack nicht ganz so fade.
BLUES PILLS haben es geschafft ihre tolle Mischung aus Blues Rock, Soul, ein wenig Funk und zum Teil gar klassischem Hard Rock weiter zu verfeinern und „erwachsener“ zu klingen. Der Gesang wirkt, ohne Frage, immer noch energiegeladen und vor allem grundehrlich, wobei die Variationen zwischen energetisch, kratzigem Soulfeeling und ruhig, melancholischem Bluesgesang noch besser geworden sind. Die Gitarrenarbeit ist zielgerichteter und trotzdem wirkt es, wie bereits oben beschrieben, als würde der junge Herr Sorriaux einfach nur jammen und das spielen, was ihm in den Sinn kommt. Bassist Zack Anderson hat ebenfalls viele Freiräume, die er gekonnt nutzt, um den Rhythmen, welche durch das sehr abwechslungsreiche und ebenfalls jam-artig wirkende Schlagzeugspiel, noch mehr Eingängigkeit und Drive zu verleihen.
Abschließend möchte man festhalten, dass BLUES PILLS hier ein tolles Debüt veröffentlicht haben, das die Vorschusslorbeeren rechtfertigt. Die Musik wirkt stets natürlich und so wie die zwei neuen Songs erstrahlen auch die „alten“ Songs in frischem Gewand. Das tolle Chubby Checker-Cover „Gypsy“ fügt sich nahtlos ein und vermeintliche Schwächen werden, wie mit einem Zwinkern, weggefegt.
Wertung: 9 / 10