Als Band hat man es nicht immer leicht. Entwickelt man den eigenen Stil im Laufe der Zeit nicht weiter, bemängeln die Hörer eventuell fehlenden Ideenreichtum. Erfolgt jedoch ein radikaler Stilbruch, ist die Gefahr groß, Fans der ersten Stunde zu verprellen. Genau dieser Gefahr stellen sich BLOOD INCANTATION mit ihrem neuesten Album „Timewave Zero“, das für viel Diskussionsstoff sorgen wird.
Bereits nach kurzer Zeit wird klar, dass das die Platte recht wenig mit den Klängen zu tun hat, die die Amerikaner auf ihren ersten beiden Alben präsentierten. Gitarrist und Sänger Paul Riedl erklärte hierzu im Vorfeld, dass er und seine Bandkollegen diesen Weg schon bei der ersten Probe vorgezeichnet hatten. Damals beschlossen sie, dass ihr typischer Sound zunächst eine kosmische Mischung aus Death-Metal-Klassikern sein und ihr zweites Album in Richtung psychedelischem Metal gehen würde. Das drittes Werk sollte danach ausschließlich aus Ambient-Musik bestehen und sich auf die Thematik fremder Galaxien konzentrieren. Und diesen Plan ziehen BLOOD INCANTATION in aller Konsequenz durch.
Das Ergebnis sind zwei Tracks mit einer Länge von 21 („Io“) und 20 Minuten („Ea“), die den Hörer in eine Klangwelt entführen, in der Synthesizer das Klangbild dominieren und nur gelegentlich durch Gitarren unterstützt werden. Beide Songs sind dabei ähnlich aufgebaut und werden in vier einzelne Sätze unterteilt. Der erste Satz stellt die leise Hinführung dar, während der zweite Satz die düsteren Synthesizerklänge in den Mittelpunkt stellt. In beiden Kompositionen sind die fesselndsten Parts die Zwischenphasen, die sich jeweils im dritten Satz befinden. Hier setzt Morris Kolontyrsky eine akustische Gitarre ein und bildet so einen angenehmen Kontrast zu den Synthesizern. Vor allem der dritte Satz von „Ea“ nutzt diese Dynamik auf gekonnte Weise, indem ein Moll-Akkord über etwas gespielt wird, das wie ein Mellotron klingt und durch dieses Zusammenspiel eine wirklich beeindruckende Atmosphäre geschaffen wird. Der vierte Satz knüpft im Anschluss wieder an die ersten Sätze an und leitet den Sound erneut in ruhigere Bahnen.
„Timewave Zero“ ist definitiv ein Album, auf das sich der Hörer einlassen muss. BLOOD INCANTATION geben sich redlich Mühe, ihre Idee eines Ambient-Albums mit kosmischen Bezügen in die Tat umzusetzen und können hier auch mit einigen interessanten Ideen punkten, jedoch werden viele Fans keinen Zugang zu dem Album finden. Gleichzeitig kann die Platte wie eine Art Zwischenspiel angesehen werden, eine Art eine Verschnaufpause vor dem nächsten todesmetallischen Angriff, denn Reidl hat bereits bestätigt, dass das nächste Werk eine Rückkehr zum Death Metal sein wird. Eines bleibt eindeutig festzuhalten: Stillstand wird es im Hause BLOOD INCANTATION wohl nicht geben.
Wertung: 7 / 10