Früher oder später packt der Drang, sich dem Rock’n’Roll zuzuwenden, wohl jeden ganzen Kerl. Abbath von Immortal hatte es mit I vorgemacht, Shagrath von Dimmu Borgir mit seiner Chrome Division. Nun folgt also auch Thomas „Blutgott“ Gurrath, bekannt als Debauchery-Chef und (nicht zuletzt deshalb) nicht-mehr-Lehrer an einem Bayerischen Gymnasium, dem Ruf des Rock – mit dem dazu aus der Taufe gehobenen Projekt BLOOD GOD, bislang bekannt als Big Ball, welches bereits mit Saxon und Doro durch Europa getourt war.
„No Brain But Balls“ heißt das Album, und selten war ein Name so sehr Programm wie hier: Geboten wird – wer hätte es anders erwartet – textlich wie musikalisch primitiver Rock’n’Roll mit einem kräftigen Augenzwinkern und Spaß-Faktor… zumindest, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen und die Erwartungen nicht zu hoch schraubt… denn etwas wirklich Besonderes oder Neuartiges haben BLOOD GOD natürlich nicht im Programm.
Ganz einfach machen BLOOD GOD es zumindest den Debauchery-Fans erwartungsgemäß nicht, wurde das Konzept doch inclusive eines Gesangs, der musikalisch zwar perfekt passt, für alle Teilzeit-Rocker jedoch hart an die Grenze des Erträglichen geht kompromisslos durchgezogen: Ziel war wohl, ein wenig in Richtung AC/DC zu schielen – wenn man ehrlich ist, erinnert das Ergebnis jedoch eher an die Finnischen Monster-Rocker von Lordi. Schlimm ist das aus zwei Gründen nicht: Zum einen muss man sich leider eingestehen, dass der Gesang damit durchaus zum Songmaterial passt, zum anderen wäre der „Blutgott“ nicht der „Blutgott“, hätte er nicht auch an seine Debauchery-Fans gedacht. Für diese gibt es das Album auf dem zweiten Silberling komplett mit gegrunzten Vokals. Wie überzeugend diese Version indess ist, ist durchaus Geschmackssache: Zwar sind diese (zumindest für Death-Metal-Fans) deutlich weniger anstrengend zu hören, verleihen dem Album dafür jedoch einen deutlichen Six Feet Under-Anstrich… erinnert das rockige Material mit tiefen Growls doch merklich an deren Graveyard-Classics-Projekt. Wer damit etwas anzufangen wusste, wird auch hier seine Freude haben – zumindest in meinen Ohren ist dieses wie jenes aber „nicht Fisch, nicht Fleisch“ – insofern dann doch lieber die Originalversionen… der BLOOD GOD-Songs und der Klassiker.
Sex? Spaß? Rock’n’Roll? Ja.
Niveau? Anspruch? Individualität? Nein. Und das ist auch gut so. Denn genau das ist auch das Konzept hinter diesem Album. Wer damit nicht klarkommt, sollte „No Brains But Balls“ wohl besser von vorneherein ignorieren – da der gemeine Rocker mit diesem Konzept aber durchaus vertraut sein sollte, dürfte das für die Wenigsten, die mit der Musik generell etwas anzufangen wissen, eine Hürde darstellen. Durch die Bonus-CD durchaus auch für Debauchery-Fans interessant – in erster Linie jedoch ein Album, das trotz des Death-Metal-Hintergrundes der Musiker klar an echte Rocker adressiert ist.
Wertung: 7 / 10