Review Blind Guardian – Imaginations From The Other Side

Nun sitze ich hier, die CD rotiert munter zum x-ten male im Laufwerk, das Cover steht vor mir… und ich weiß nicht, wie ich dieses Review anfangen soll. „Imaginations…“ war eines meiner ersten Metal-Alben überhaupt und hat einen riesigen Anteil dazu beigetragen, dass ich heute diese Musik und diese Band so liebe. Schon beginnend beim überaus gelungenem Artwork, das für mich eines der besten und geheimnisvollsten Covers überhaupt ist.

Während den Aufnahmen verletzte sich Gitarrist Andre Olbrich am Arm, so musste die Produktion 6 Wochen lang ausgesetzt werden. In dieser Zeit entstand jedoch „Bright Eyes“, was dann also doch positiv gewertet werden kann. Aber dann mal zur Sache… und die Sache beginnt mit geheimnisvollen, gehauchten Tönen. Plötzlich stößt hartes Drumming dazu, kurz darauf schnelle und knallharte Riffs… „Imaginations From The Other Side” ist in vollem Gange mit eben diesem Titeltrack. Im Gegensatz zu den früheren Alben wird hier schnell bewusst: Es ist mehr Härte und Bombast im Spiel als je zuvor. Das macht es zwar nicht einfach ins Album hineinzufinden, aber die Genialität entfaltet sich mit der Zeit…

Der Titeltrack ist auch gleichzeitig das längste Stück hier und offenbart die gesamte Bandbreite des Blind Guardian-eigenen Sounds: Geheimnisvolle Klänge, durchschlagende Drums und Gitarren in Vollendung, immer eine überzeugende Melodie, die gnadenlos guten Chöre, die bombastischen Effekte und nicht zuletzt das Organ von Hansi Kürsch, das variabler, stärker und besser röhrt als je zuvor! Nach diesem Hammer wird der Hunger noch größer und mit „I’m Alive“ folgt Teil 2 dieses exquisiten 9-Sterne Menüs. Eine weitere Erkenntnis ist, dass Abwechslung hier groß geschrieben wird. Schnell wie in alten Zeiten, fast schon thrashig knallt es uns jetzt entgegen. Midtempo-Einschübe mit extrem geilen Riffs und der sich sofort festsetzende Refrain tun ihre Aufgabe und verzaubern den aufmerksamen Hörer.

Nun wird erst mal 4 Gänge zurückgeschaltet – es folgt eine der wohl besten Metal-Balladen, die die Ohren dieser Welt je hören durften, „A Past And A Future Secret“, das auch als Single veröffentlicht wurde. Die akustischen Gitarren klingen echt geheimnisvoll, und die Steigerung eine halbe Minute vor Schluss macht den Song einfach… perfekt. Nach dieser traumhaften Verschnaufpause werden wir jäh aus unseren Träumen gerissen. Was aber nicht weiter schlimm ist, denn der Uptempo-Double Bass-Hammer „The Script For My Requiem“ entführt uns in weitere Traumwelten. Dem hymnischen Refrain kann man in seiner Versunkenheit in die Musik nicht mehr entfliehen, und die zweite Strophe mit den zwei kleinen Worten „Crucify Crucify!’ wird sich ebenfalls festsetzen und verfolgen…

Es folgt der fünfte Gang, der Hörer ist noch lange nicht satt und bekommt ständig mehr Hunger. Die goldene Mitte der Platte hört auf den Namen „Mordred’s Song“. Und diese Midtempo-Halbballade hat es wirklich in sich. Diese Atmosphäre, diese Stimmung… einfach nur unbeschreiblich. Muss man gehört haben – mehr als ein Song, den man in ein paar einfachen Sätzen beschreiben könnte! Langsam klingt es aus, und Track 6 beginnt mit einem Paukenschlag. „Born In A Mourning Hall“ ist der bis heute wohl aggressivste und härteste Song aus dem Schaffen der Krefelder Barden. Nachdem man sich an die Klänge des vorhergehenden Tracks gewöhnt hat, hämmert ein mächtiger Riff das Trommelfell binnen 20 Sekunden zu Bruch. Inklusive einem vorzüglichem Songwriting, der Text kann wohl so manchen aus der Seele sprechen, wenn er auch wie die restlichen 8 Texte von Fantasy-Geschichten handelt. Diesen Song sollte sich jeder Heavy Metal Fan mal angehört haben, vor allem die, denen Blind Guardian sonst zu schwach und zu wenig hart ist! Schande über all diese Frevler! ;-)

Weiter im Programm folgt das schon angesprochene „Bright Eyes“. Eine sich stetig aufbauende, mysteriöse Stimmung, langsam härter und bombastischer werdend… bis hin zum ersten Einsatz des Refrains. Spätestens da will ich nur noch die Augen schließen, und in Trance in der Couch versinken. Dieses Lied ist einfach nur noch unbeschreiblich… Man wird wohl selten auf einen Song treffen, der die Intensität und geniale Ausstrahlung von „Bright Eyes“ aufweisen kann – einfach nur einmalig und wieder nicht in Worten zu beschreiben.

„Another Holy War“ – Another holy Song. Ein weiterer Speedkracher, der im Gegensatz zum Rest des Albums etwas fröhlicher und gelöster klingt. Wieder mal einfach nur klasse, was durch das perfekte Solo Andres nach dem zweiten Refrain eindrucksvoll unterstreicht. Nun wird der letzte Gang serviert, und der hämmert wieder verdammt bombastisch aus den Boxen. Ständiger Wechsel zwischen Mid- und Uptempo, und dazu der geniale Kontrast zwischen Hansis rauem Gesang und dem hohem Chor. Was soll ich hier noch schreiben, außer… fantastisch?

Es ist einfach kaum zu glauben, wie mich nur 50 Minuten Musik so dermaßen begeistern und kann und in eine andere Welt entführt. Eine mit Worten nicht zu fassende Stimmung und die perfekte Produktion von Flemming Rasmussen, dazu das exquisite Songwriting von Hansi Kürsch und Andre Olbrich… Nicht zu vergessen: Marcus Siepen (Rhythum Guitar) und Drummer Thomas ‚The Omen’ Stauch, die beide ebenfalls in der Form ihres Lebens auftrumpfen. Jedes weitere Wort über die Qualität des Longplayers wäre hier nur eine Verschwendung von Platz. Für mich bis heute ein unerreichtes Meisterwerk und zusammen mit Judas Priest’s Painkiller das beste Heavy Metal Album auf Gottes grüner Erde. Und jetzt lasst dieses Review in Frieden ruhen und werdet Zeuge der Genialität, werdet süchtig nach dieser Musik…

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 31. März 2013 von Metal1.info

3 Kommentare zu “Blind Guardian – Imaginations From The Other Side

  1. Ich liebe das Album. Irgendwer hatte es mir anno ’95 auf CD ausgeliehen.
    Den Nachfolger Nightfall.. habe ich gleich im Mail-Order bestellt. Mit „A Night At the Opera“ hat man wohl versucht, die süchtigen Fans auf Methadon umzustellen. Das hat zumindest bei mir nicht geklappt. Ich habe mir dann die Vorgänger-Alben besorgt. Abgesehen von einzelnen Stücken der „Somewhere Far Beyond“ war das auch nicht die gewünschte Qualität. Seitdem warte ich auf das nächste BG-Album, das wieder knallt wie der gute Stoff ;-)

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