Review Blind Guardian – A Night At The Opera

Kaum ein anderes Metal-Album wurde 2002 von der Fangemeinde so lange erwartet wie „A Night At The Opera“. Mit fast neun Monaten Verspätung kam es dann Anfang März in die Läden. Dieses Mal fehlt ein klassisches Intro, mit „Prescious Jerusalem“ wird gleich von der ersten Minute an wieder auf Tempo gesetzt. Hier fällt vor allem das geniale Drumspiel Thomas Stauchs, der ständig wechselnde Rhythmus und die mehrlagigen Gesänge fallen hier auf. Weiter geht es mit dem bombastischen und energiegeladenem „Battlefield“, zudem sich die Krefelder übrigens vom Hildebrandlied inspirieren ließen. Spätestens jetzt kommen beim ersten Hören doch einige Zweifel. Alles hört sich so ungeordnet und verspielt an, man hat hier kaum einen Durchblick, was sich dann nach einigen Durchläufen grundlegend ändern soll…

Mit orientalischen Klängen geht es weiter, die dann in eine gewohnt schnelle Nummer entwickeln. „Under The Ice“ kann im ersten Moment nicht so richtig überzeugen, jedoch geht vor allem der Chorus metertief unter die Haut, er hat irgendetwas unbeschreiblich magisches an sich. Mit „Sadly Sings Destiny“ folgt dann ein fast untypischer Blind Guardian-Sound. Überraschend rockige und mächtig groovende Riffs bilden zusammen mit einer erdrückenden Bassline ein schnelles, und leichter zugängliches Stück Musik, dass sich gleich einen Platz im Ohr reserviert. „The Maiden And The Minstrel Knight“ scheint eine BG-typische Ballade zu werden. Melancholische, schwermütige Melodien, die gut zu der erzählten Liebegeschichte von Tristan und Isolde passen. An guter Stelle mündet „TMATMN“ zu einer schleppenden Midtempo-Nummer, die nur bedingt mit älteren BG-Balladen mithalten kann.

Mit „Wait For An Answer“ geht es wieder rockig und schnell weiter. Eine wahrlich begeisternde Rhythmik, zusammen mit einem Refrain, der sich sofort festsetzt und einem gleich vertraut vorzukommen scheint und sicher einer der besten BG-Refrains überhaupt ist, machen „Wait For An Answer“ zu einem der absoluten Höhepunkte des Albums. Mit bombastischen Riffs, überwältigenden Chören, erschlagendem Bass und einer eingängigen Melodie kommt die Midtempo-Hymne „The Soulforged“ zu Tage. Danach wird der Hörer mit einem wunderschön atmosphärischem Klavier-Spiel verwöhnt, bis „Age Of False Innocence“ in eine knallende Midtempo-Nummer explodiert und vergleichsweise doch recht ruhig und zurückhaltend klingt. Was nun folgt, überrascht dann doch… Knallharte Riffs, hämmernde Drums und ein Gesang zwischen Genie und Wahnsinn.

Bei „Punishment Divine“ dreht sich alles um Friedrich Nietzsches Verfall zum Irrsinn. Jenseits von gut und böse holt Hansi Kürsch hier alles aus seinem Organ heraus und legt die ganze Bandbreite seines Könnens dar. Ein brachialer Highspeedkracher, der für Blind Guardian-Verhältnisse schon ungewöhnlich hart ist. „Punishment Divine“ steigert sich von Moment zu Moment, und dem Hörer wird nicht eine Sekunde zum verschnaufen gegönnt. Der vorläufige Höhepunkt dieser CD. Aber eben vorläufig…

Es folgt ja noch die abschließende Nummer „And Then There Was Silence“. Der bereits vorab als Single veröffentlichte Longtrack ist ein in seiner Art einzigartiges und göttliches Meisterstück. 14 Minuten lang geben die Guardians alles. Mit epischen, monumentalen Melodien und Gesängen spielte sich dieser Song schon seit langem in die Herzen der Fans und bis auf Platz 41 der deutschen Single-Charts. Das Album erreichte übrigens sogar einen sensationellen 3. Platz in den Longplay-Charts! ATTWS scheint zeitweise aus mindestens drei Songs zu bestehen, Abwechslung wird zur Genüge geboten, ebenso wieder knallende Geschwindigkeit, harte und schwere Riffs, geniale Chöre und einige Einschübe von Midtempo-Passagen. Doch zur Erholung bleibt keine Zeit, denn schon gleich darauf wird gnadenlos weitergehämmert.

„A Night At The Opera“ erinnert teilweise wieder mehr an die „Imagiotions…“ als an den Vorgänger „Nightfall….“. Aber doch ist es in seiner Art ein weiterer Beleg für die stetige Weiterentwicklung der Barden. Die Chöre erinnern sehr an Queen, und passen auch wunderbar in die neue Blind Guardian-Ära. Untypischerweise will das Album die ersten paar Hördurchgänge über nicht wirklich zünden. Wenn dann jedoch der Funke übergesprungen ist, erkennt man erst die Genialität, die in dieser gnadenlos komplexen und vielschichtigen Musik steckt. Ohne Frage das bombastischste BG-Album aller Zeiten, dass jedoch nicht die Klasse von „Imaginations…“ erreichen kann, aber dennoch die Höchstwertung verdient. Leider etwas überproduziert und somit teilweise nahezu unmöglich, damit live aufzutreten.

Geschrieben am 31. März 2013 von Metal1.info

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