Review Between The Buried And Me – The Parallax II: Future Sequence

(Progressive Metal / Metalcore / Avantgarde) Komplexität ist ja so eine Sache in der Musik. Zeichnet sich eine Band durch zu komplexe Songstrukturen oder Konzepte aus, dann bringt ihnen das zwar häufig Lob von Kritikern und eine kleine, treue Fanschar bestehend aus Musiknerds – der große Erfolg stellt sich allerdings selten ein. BETWEEN THE BURIED AND ME ist dieser Umstand gänzlich egal: Zwar nutzen sie die im Normalfall durchschaubaren Strukturen des Metalcore als Gerüst für ihre Songs – darüber hinaus sind hier Taktvorgaben oder feste Musikgenres allerdings nicht vorhanden, werden in einen Mixer geschleudert, einmal aus dem Fenster geworfen und dann von einem Laubbläser auseinander geweht.
Zusätzlich ist „The Parallax II: Future Sequence“ ein Konzeptalbum, welches thematisch an die 2011 erschienene EP „The Parallax: Hypersleep Dialogues“ anschließt. Der Inhalt dieses Zyklus dreht sich um zwei Personen, die Lichtjahre voneinander entfernt, aber durch ihre Seelen verbunden sind, letztendlich dieselbe Person darstellen und alles um sich herum vernichten. Zugänglichkeit sieht anders aus. Dennoch sind BETWEEN THE BURIED AND ME bereits seit vielen Jahren in der Metalszene eine erfolgreiche Konstante und gelten zurecht als eine der innovativsten aktuellen Bands.

Nach einem ruhigen, atmosphärischen Opener, schraubt sich in „Astral Blood“ eine spacige Gitarre unterstützt von vertrackten Takten immer weiter nach oben, bis der wahrscheinliche fröhlichste Metalcore-Song des Jahres aus den Boxen dröhnt. Metalcore ist hier allerdings eine zu starke Vereinfachung: Sicher, hier gibt es Blastbeats, Breakdowns, fieses Gebrüll und Cleangesang, ebenso wie duellierende Gitarrenläufe. Die permanenten Taktwechsel und unvorhergesehenen Breaks, welche auch Salsa, Walzer oder Pop in den Mix werfen, zeigen allerdings auf, dass BETWEEN THE BURIED AND ME sich nicht auf ein Genre festlegen wollen. Sicher, einzelne Teile geraten konventionell und stacheln in einem Live-Setting heftige Circle-Pits an, doch kann man sich nie sicher sein, was hier als Nächstes kommen mag. Dass sich die Songs meistens um die Zehnminutenmarke herum einpendeln, ermöglicht es der Band, noch mehr verrückte Ideen in ihre Lieder zu stecken. Auch wenn es ein häufig bemühter Satz ist, so trifft er in diesem Fall die Sache auf den Punkt: In einem Song auf „The Parallax II“ steckt mehr Innovation und Klasse, als viele Bands in ihrer gesamten Diskographie erreichen werden.

Die insgesamt sechs Interludes ermöglichen zwar immer wieder kurze Verschnaufpausen von all diesem Wahnsinn, doch die Ungewissheit, was als Nächstes passiert, treibt den Hörer permanent um. Als bestes Beispiel hierfür steht wohl der Übergang zum Song „Telos“: Nach dem ruhigen, nur von Klavier getragenen „The Black Box“ bricht dieser Song plötzlich als ein beinahe an Grindcore erinnerndes Gewitter aus den Boxen. Wenn man beschreibt, wie in „Lay Your Ghosts To Rest“ nach einem Blastgewitter plötzlich eine Bontempi-Orgel einen Walzer anstimmt, in „Extremophile Elite“ ein Xylophon und Bläser in bester Folkmetal-Manier Trolle durch den Wald laufen lassen und später auch ein kleiner Santana-Teil seinen Auftritt hat oder in „Bloom“ eine Polka auf LSD den Song bestimmt und schließlich zu einem Rockabilly-Song mutiert, dann hat man sich noch nicht einmal im Ansatz dem angenähert, was es auf „The Parallax II“ alles zu entdecken gibt.
Das Erstaunliche ist: In fast allen Fällen wirken all diese unfassbaren Brüche vollkommen logisch. Sicher, einige Momente wirken etwas künstlich hergestellt und scheinen nur als Klischee-Verrücktheit in die Songs eingefügt zu sein. Dennoch entsteht zu keinem Zeitpunkt Langeweile. Wird Metalcore zu öde, dann wird eben ein fieser Mathcore-Teil eingeschoben, das Gebrüll wird zu viel, dann eben wunderschöner Klargesang. Bei so viel Konsequenz im Wahnsinn ist es beinahe Ehrensache, dass die Spielzeit des Albums die 70 Minuten überschreitet.

Bands wie Animals As Leaders, The Hirsch Effekt, The Mars Volta und eben BETWEEN THE BURIED AND ME bringen eine Abwechslung und Ideenvielfalt in die härtere Musiklandschaft, welche in ihrer überbordenden Kreativität und technischen Finesse oft überfordern kann. Beißt man sich durch diese harte Schale hindurch, wird man als Hörer allerdings wie im Falle von „The Parallax II“ ausgiebig für seine Strapazen belohnt.

Wertung: 8.5 / 10

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2 Kommentare zu “Between The Buried And Me – The Parallax II: Future Sequence

  1. Nahezu bedingungslose Zustimmung, wobei Astral Body und Extremophile Elite kompositorische Meisterwerke sind. Dringende Empfehlung mit 9,5 Punkten an alle, die sich durch Dream Theater nicht mehr so ganz beeindrucken lassen.

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