Cover BENIGHTED

Review Benighted – Ekbom

BENIGHTED tun es schon wieder. Die Franzosen legen vier Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung mit „Ekbom“ ein neues, ihr mittlerweile zehntes Album vor, sicherlich mit der Absicht, die Grenzen zwischen technisch anspruchsvollem Brutal Death Metal und der Rotzigkeit von Grindcore erneut verschwimmen zu lassen. Spoiler-Alarm: Das gelingt ihnen selbstredend auch.

Wer das schaurige Intro „Prodome“ gut überstanden hat und sich danach nicht fürchtet, Teil einer musikalischen Reise durch die Abgründe sämtlicher extremen Metal-Spielarten zu sein, wird mit dem folgenden Track „Scars“ zwar direkt niedergestreckt, allerdings mit einem Lächeln auf den Lippen. BENIGHTED legen ein rasantes Tempo vor und einen guten Einstieg in den Nachfolger von „Obscene Repressed“ hin. Wer die Diskografie der Franzosen kennt, weiß, dass die weiteren Songs nichts an technischer Brutalität und Geschicklichkeit einbüßen werden, aber sie wissen auch, dass sich BENIGHTED nicht mit einfacher musikalischer Prügelei zufriedengeben.

Nicht verwunderlich also, dass der Song „Morgue“ überdeutliche Djent-Vibes versprüht und „Nothing Left To Fear“ mit den akkuraten Breaks im Refrain und dem minimalistisch, aber wirkungsvoll eingesetzten Synth-Flair einen ersten kleinen Hit der Platte darstellt. Auf dem Titeltrack schreit sich Sänger Julien Truchan so kraftvoll die Seele aus dem Leib, dass man sich als Zuhörer unweigerlich fragen muss, was es mit Ekbom eigentlich auf sich hat. PubMed alias die National Library Of Medicine gibt die Antwort: „Das Ekbom-Syndrom ist ein Synonym für die wahnhafte Parasitose, bei der man glaubt, dass der eigene Körper von unsichtbaren Wanzen befallen ist. Personen, die unter diesem Syndrom leiden, geben oft an, Hautempfindungen zu spüren und die Wanzen zu sehen, obwohl niemand sonst sie sehen kann. Das Ekbom-Syndrom ist eine Wahnvorstellung, die sich nicht durch Argumente oder Beweise beheben lässt.“ Und damit erklärt sich auch das Artwork der Platte, welches eine Mischung aus vermenschlichtem Dämon und den Beinen eines Krabbeltiers darstellt.

Die Beantwortung der Frage, ob man eine Erkrankung und damit das Leid der Betroffenen als Konzept für ein Album verwenden und das Thema somit zu einer Einnahmequelle umwandeln sollte, obliegt der Hörerschaft. Schüttelt man diesen Gedanken ebenso kräftig ab wie die Vorstellung, dass es einem gerade am Bein kratzt, wissen BENIGHTED im weiteren Verlauf von „Ekbom“ weiterhin zu überraschen. Negativ wie positiv. Denn mit „Metastasis“, „A Reason For Treason“ und „Fame Of The Grotesque“ präsentieren die Franzosen den guten, aber weniger packenden Mittelteil der Platte. Das technische Niveau der Tracks ist hoch, das charakteristische allerdings nicht. Umso erlösender ist es, dass mit „Flesh Against Flesh“ und „Scapegoat“ zwei groovende Abrissbirnen mit Gang-Shouts im Hardcore-Stil folgen, wobei „Scapegoat“ sogar mit einem kurzweiligen epischen Gitarren-Lead aufwarten kann.

Spoken Words aus einer Tonaufzeichnung eröffnen den letzten Song „Mother Earth, Mother Whore“ und leiten damit das Ende der knapp 37 Minuten langen Platte ein. Schade, denn gerade dieser Song ist einmal mehr der Beweis dafür, dass BENIGHTED mit ihrer Interpretation von Brutal-Tech-Death-Metal beide Lager versöhnen können. Sowohl diejenigen, die großen Wert auf handwerkliche Raffinesse legen, als auch diejenigen, die ihren Morgen am liebsten mit einer ausgewogenen Mischung aus Blastbeats und Pig Squeals starten.

„Ekbom“ ist ein weitestgehend hervorragendes Album, das sich mit dem schwächeren Mittelteil aber selbst ausbremst. Nicht etwa, weil es den Songs an Dynamik fehlt, sondern an Kreativität. Am guten Eindruck, den man von BENIGHTEDs neuestem Album haben kann, ändert das aber nichts.

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Wertung: 8 / 10

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