Konzeptalben, die von Song zu Song eine zusammenhängende Geschichte erzählen, sind im Metal grundsätzlich keine Seltenheit. Nur wenige Bands betreiben diese Form von musikalischem Storytelling jedoch auf derart umfassende Weise wie BELTEZ mit ihrem vierten Album „A Grey Chill And A Whisper“. Nicht nur vertonen die deutschen Black-Metaller auf der 65 Minuten langen Platte die von Ulrike Serowy eigens für die Band verfasste Kurzgeschichte „Black Banners“, sie liefern auch die Ambient-Klangkulisse für das dazugehörige, von Dan Capp (Winterfylleth) und Corinne Henderson eingesprochene Hörbuch. Wie ungewöhnlich ein solches Projekt im Metal-Sektor ist, zeigt sich schon anhand der lobenden Worte anderer Bands wie Laster, Imperium Dekadenz, Chapel Of Disease und Farsot, mit denen BELTEZ sich schon vor dem Release brüsten durften.
Das Setting der Erzählung, von der an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden soll, lässt sich der Nerdkultur zugetanen Black-Metal-Fans wohl am ehesten durch einen Vergleich mit der Videospielreihe „Dark Souls“ beschreiben. Serowys surreale Geschichte, die das Schicksal zweier namenloser Freunde in einer totenstillen, von geisterhaften Gestalten tyrannisierten Stadt beleuchtet, ist geprägt von einer Atmosphäre grauenvoller Unabänderlichkeit – ein leichenfahler, von einem scheinbar unaufhaltsamen Zyklus heimgesuchter Limbus. Ebendiese Stimmung vermitteln BELTEZ gekonnt über ihre Musik.
Nach einem schaurigen Klavier-Intro („In Apathy And In Slumber“) offenbart „A Grey Chill And A Whisper“ sich rasch als facettenreiches und zugleich auf einlullende Weise kontrastarmes Post-Black-Metal-Album. Monumentale Longtracks wie das von geradezu jenseitigen, hochtönigen Tremolo-Riffs durchdrungene „A Taste Of Utter Extinction“ wechseln sich mit getragenen Nummern wie dem einer finsteren Prozession gleich dahinschreitenden „Black Banners“ ab. Dazwischen und nebenher malen BELTEZ mit trüben Ambient-Klangflächen und Clean-Gitarren („From Sorrow Into Darkness“) eine grau-in-graue Szenerie – ganz so, wie man sich den Schauplatz der Handlung vorstellt.
Da passt es durchaus gut ins Bild, dass die Platte einen recht unscharfen, dumpfen Sound hat, der die an sich vielseitigen Kompositionen zu einer homogenen, schemenhaften Masse verschwimmen lässt. Dass die Instrumente darin ein wenig zu klobig dastehen, können BELTEZ jedoch ebenso wenig kaschieren wie die eine oder andere zu langatmige Passage („I May Be Damned But At Least I’ve Found You“) und die etwas holprig formulierten Songtexte.
Streng genommen bleibt „A Grey Chill And A Whisper“ ein Stück hinter seinen hohen Ambitionen zurück. Weder erfinden BELTEZ hier den Post-Black-Metal neu, noch haben die Deutschen das Album auf technisch makellose Weise realisiert. Dennoch zeigt das Quintett mit seiner vierten Platte die fantastischen Möglichkeiten des multimedialen Storytellings auf: Mit Serowys Kurzgeschichte im Hinterkopf nimmt man die Musik als umso bedeutungsschwerer wahr und die im stimmungsvoll inszenierten Hörbuch geschilderte Geschichte wird durch die musikalische Umsetzung umso lebendiger – soweit bei einer gespenstischen Erzählung wie „Black Banners“ von Lebendigkeit die Rede sein kann. BELTEZ haben hiermit folglich zwar kein perfektes, definitiv jedoch ein außergewöhnliches Album geschaffen.
Wertung: 7.5 / 10