Review Be’lakor – Vessels

Für Fans von klassischem, schwedischem Melodic Death Metal sind schon lange schwere Zeiten angebrochen. Die meisten Melodeath-Releases heutzutage sind stark von amerikanischen Modern-Metal- und Metalcore-Einflüssen geprägt, selbst In Flames wandten sich dem Genre in seiner ursprünglichen Form schon vor mittlerweile 15 Jahren ab. Mit den Australiern von BE’LAKOR und ihren drei bisherigen Alben konnten sich Fans zumindest teilweise in diesen musikalischen Stil zurückversetzen und sich schöner Melodien bei unverbraucht altmodischem Sound erfreuen. Mit „Vessels“ legt das sich stets hochsympathisch präsentierende Quintett ihr viertes Werk vor und möchte damit progressivere Wege einschlagen.

Das ist ein grundsätzlich sehr guter und lobenswerter Einfall. Auch wenn das großartige Vorgängerwerk „Of Breath And Bone“ mit noch recht geradlinigen Melodieläufen und Rhythmen zu begeistern wusste, kann eine Weiterentwicklung in eine verspieltere Richtung einer Band dazu verhelfen, nicht in Selbstkopien zu stagnieren. Auf „Vessels“ möchten BE’LAKOR diese progressivere Ausrichtung von Anfang an herausheben. So beginnt „Luma“ gleich mit einem rhythmischen Riff, das sehr kontraintuitiv vom Schlagzeug umspielt wird. In dieser Hinsicht hat ihr neues Werk definitiv mehr zu bieten als alle vorherigen Platten, obgleich BE’LAKOR zu keinem Zeitpunkt großes Interesse daran zeigen, weiter in rhythmische und strukturelle Komplexität abzutauchen. Auch bei „Vessels“ liegt der Fokus auf den Harmonien, den Melodien und der daraus erzeugten Atmosphäre, die zusammen mit den erzählerischen Texten erneut ein stimmiges Gesamtbild erzeugt. Wie schon viele Bands vor ihnen missverstehen aber auch BE’LAKOR einen progressiven Ansatz als die Aufgabe von Eingängigkeit und schlüssigen Songstrukturen. Anders beispielsweise als Opeth, die auf Alben wie „Blackwater Park“ oder „Ghost Reveries“ musikalische Vielschichtigkeit stets mit erinnerungswürdigem Songwriting zu verbinden wussten, verlieren sich BE’LAKOR in Songverläufen ohne wirkliche Spannungsbögen, die nirgendwo hinführen. Dass „Vessels“ in Sachen Produktion seltsam komprimiert klingt und somit Momente, die ordentlich Druck benötigt hätten, sehr gezähmt aus den Boxen schallen, kommt dem Album auch nicht zugute.

Das alles ist schade, denn an wundervollen Einzelmomenten mangelt es auch „Vessels“ nicht. „An Ember’s Arc“ kann mit einem schönen Outro aufwarten, „Withering Strands“ dagegen weiß im Mittelteil mit geheimnisvollen Gitarrenklängen und verwehten Gesängen zu überzeugen, bevor er in ein typisches BE’LAKOR-Trademark-Riff übergeht. „Whelm“ kann mit den schönsten Melodien des Albums punkten und erweist sich als gelungenster Song auf der Platte, während das ebenfalls starke „The Smoke Of Many Fires“ einen passenden Schlusspunkt für das auf seine ganz eigene Weise melancholisch-schöne Werk setzt. Gerade in Sachen Harmonien haben sich die fünf Musiker seit „Of Breath And Bone“ noch einmal deutlich weiterentwickelt, sodass sie hier wesentlich mehr Abwechslung bieten können. Darüber hinaus sucht man aber auf „Vessels“ vergeblich nach den Merkmalen, die die Vorgängeralben so gefällig machten. BE’LAKOR kompensieren das Ausbrechen aus ihrem Stilkäfig mit allerlei musikalischen Ideen, die sie aber, da sie alleinstehend nicht neu oder außergewöhnlich genug sind, selten zu vollends überzeugenden Gesamtkonzepten ausbauen können. Neben den sicherlich nicht zuletzt daraus resultierenden, viel zu langen Songlängen ist das eines der Grundprobleme, die der Musik der Australier schon immer etwas schadeten und die sie nun auch ihrem vierten Album weitervererbt haben.

BE’LAKOR haben mit „Vessels“ einen Weg eingeschlagen, der angesichts ihrer Entwicklung auf den Vorgängerwerken notwendig und konsequent war. Gänzlich überzeugen kann ihr viertes Werk aber in diesem neuen Stil noch nicht. Trotz vieler wundervoller Momente und einer sehr begrüßenswerten Hinwendung zu kreativerem Songwriting fehlt dem Album an einigen Stellen die nötige Eingängigkeit und der Wiedererkennungswert, um wirklich langfristig in gleichem Maße begeistern zu können, wie beispielsweise „Of Breath And Bone“ es konnte. Der Ansatz ist also richtig und gut, nun gilt es beim nächstes Mal die neuen Ideen in etwas überzeugende Bahnen zu lenken, dann kann aus „gut“ wieder „herausragend“ werden.

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Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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