Review Behemoth – Opvs Contra Natvram

BEHEMOTH sind im Metal zweifelsohne eine der Buzz-Bands der letzten eineinhalb Dekaden. Seit „Demigod“ (2004) ging es für die Polen um den charismatischen Fronter Nergal innerhalb der Szene – und zum Teil auch in einer breiteren Öffentlichkeit – nur in eine Richtung: bergauf. Durch massive Tourpräsenz und sehr gute bis überragende Alben konnten sich die Band aus Danzig nicht nur eine große Fanbasis erarbeiten. Und indem sie ihre Alben stilistisch zunehmend offener gestalteten, konnten sie auch ihren Status als progressiv denkende Extreme-Metal-Gruppe festigen.
So waren es nicht mehr nur Blast-Beat-Gewitter wie etwa auf „The Apostasy“ (2007), sondern auch zunehmend Melodien und ausgefeilte Songstrukturen, die Alben wie „Evangelion“ (2009) und „The Satanist“ (2014) zu großartigen Werken machten. Auf dem 2018er Album „I Loved You At Your Darkest“ hielten sogar vermehrt ruhigere Momente und Gothic-Elemente Einzug. Zugleich wurde aber auch der die Platte umgebende Rahmen von Musikvideos, Merchandise und Bildmaterial massiv ausgebaut, um BEHEMOTH als allumfassende Erfahrung erlebbar zu machen.

Vier Jahre später steht mit „Opvs Contra Natvram“ nun das zwölfte BEHEMOTH-Album in den Startlöchern, um den Siegeszug durch die Metal-Szene fortzusetzen und gleichzeitig weiter in die „Zivilgesellschaft“ vorzudringen. Erneut sparen BEHEMOTH dabei nicht an Werbemitteln: Zu jedem der vier Singles wurde ein aufwändig produziertes Video veröffentlicht. Zudem gibt es die Scheibe nicht nur mit einem weißen oder schwarzen Cover, sondern auch in allen möglichen CD-Konfigurationen und Vinylfarben zu erwerben (nebst diversen anderen Merchandise-Produkten – versteht sich von selbst). Dies zeugt von großer Überzeugung seitens der Band, mit „Opvs Contra Natvram“ einen weiteren großen Wurf geschaffen zu haben. Zugleich wird ob der opulenten Präsentation und des weiteren Ausbaus der künstlerischen Präsentation rund um die Musik deutlich, dass sich BEHEMOTH mittlerweile als mehr als „nur“ eine Band sehen, die Musik macht: Sie machen (große) Kunst.

So wunderbar diese Idee und so aufwändig und mit Liebe zum Detail sie auch umgesetzt ist, beschleicht den Hörer jedoch schon bei den Singles „Ov My Herculean Exile“ mit seinem getragenen Tempo, dem dahinplätschernden „Off To War!“, dem nach Größe strebenden (und perfekt auf das Musikvideo passenden) „The Deathless Sun“ und dem sehr epischen „Thy Becoming Eternal“ das Gefühl, dass hier die Musik mehr Beiwerk zum Video ist als andersherum. Dieser Eindruck erhärtet sich weiter, wenn man die restlichen Tracks auf „Opvs Contra Natvram“ hört. So sind praktisch alle Songs der Platte mit einem epischen Part ausstaffiert, während dessen Nergal mit eindringlichem Sprechgesang etwas von Satan erzählt. Als Stilmittel eine super Idee, eignet sich die Stimme des Fronters dafür doch hervorragend. Derart inflationär genutzt, verkommt dieses schicke Element allerdings bald zum Selbstzweck.

Bei aller Kritik sollen die Stärken von „Opvs Contra Natvram“ jedoch nicht verschwiegen werden. Die größte zeigt sich bereits mit den ersten (Gitarren-)Tönen des Openers „Post-God Nirvana“ – und zwar im Sound. Denn das neue Album von BEHEMOTH klingt absolut göttlich – oder teuflisch gut, je nach Vorliebe. Wo es dem Song dient, sägen die Gitarren absolut brutal, und flirren in den Soli glasklar. Die Drums hämmern mit unnachgiebiger Härte auf den Hörer ein, ohne dass die Blasts dabei zu Brei verschwimmen. Und über allem thront Nergals eindringliche Gesangesdarbietung.  Zudem sind der genannte Opener, das rasende „Malaria Vylgata“, das fast post-rockig angehauchte „Once Upon A Pale Horse“ (gespickt mit fetten Riffs und groovenden Drums) oder der donnernde sechseinhalb Minuten Closer „Vervs Christvs“ (inklusive auf Deutsch vorgetragenem Bibelzitat [Matthäus 22,21] – einem Ausspruch Jesu gegenüber einem der Pharisäer) extrem gute Tracks. Allein diese vier Nummern geben dem Hörer mehr als ganze Alben anderer Bands. Zugleich verdeutlicht die Stärke dieser Songs aber auch die fehlende Klasse der restlichen Tracks.

„Opvs Contra Natvram“ ist ein zweischneidiges Schwert: Während einige Songs restlos begeistern, wirkt die Musik an anderer Stelle mehr wie Beiwerk zu einer anderen/größeren künstlerischen Idee. Alles in allem haben BEHEMOTH damit ein ordentliches Album vorgelegt, das die offensichtlich mögliche Klasse allerdings nicht über die gesamte Spielzeit halten kann.

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Wertung: 7 / 10

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2 Kommentare zu “Behemoth – Opvs Contra Natvram

  1. Ich finde die Produktion auch nicht so gelungen. Im Grunde wirklich zahn- und saftlos und um das zu kompensieren, dreht man den Kompressionsregler nach oben um einen pseudofetten Klang ohne jegliche Dynamik zu erzeugen.
    Ich finde die beiden Vorgänger sehr stark aber hier herrscht über weite Strecken gähnende Leere. Wäre die Kompression im Sound nicht zu dominant, könnte man das Teil zum Einschlafen nehmen. Aber jenes Wummern verhindert es.
    In Reviews liest man immer wie großartig die Produktion ist…über was wird denn gehört? Über Laptop-Lautsprecher?
    Großes Minus mal wieder die Aufmachung der Digibooks von Nuclear Blast. CDs in einem Pappdingens zu platzieren, damit die CDs schön zerkratzen. Dabei ist das Digibook sofern man in Deutschland bestellt hat mit über 20€ nicht billig.
    Für mich eines der schwächsten BEHEMOTH Alben in ihrer bisherigen Diskografie.

  2. Also wenn ich den Absatz zum Sound lese, frage ich mich schon, ob wir das gleiche Album gehört haben. Die Produktion klingt unausgegoren.

    Bei den Drums sind insbesondere die Toms und die Becken zu laut, dafür vor allem die Kick zu leise und dünn. Im Gesamtbild sind die Drums viel zu laut.
    Die Rhythmusgitarren sind matschig und zu leise, die Sologitarren hingegen zu laut.
    Der Bass ist dünn und oft kaum zu hören.
    An sich ist die Produktion zwar klar, aber zahn- und kraftlos.
    Für Schlagzeugliebhaber mag das funktionieren, grundsätzlich klingt das Ganze aber sehr zerfahren.

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