Zu den unbestreitbaren Vorteilen, Isländer zu sein, gehört, dass sich so ziemlich alles cool anhört, was man in seiner Muttersprache ausdrückt. Wäre Bastard ein ziemlich abgedroschener Bandname, verhält es sich mit BASTARÐUR gleich ganz anders: BASTARÐUR hört sich hässlicher und kraftvoller an, aber auch nordisch genug, um nicht bloß prollig zu klingen. Genau so könnte man auch über das Album „Satan’s Loss Of Son“ schreiben, das Sólstafir-Frontmann Aðalbjörn Tryggvason mit seinem neuen Crust-Punk-Projekt vorlegt.
Davon, dass eben der Name Sólstafir genannt wurde, sollte sich niemand auf eine falsche Fährte locken lassen: Mit Crust Punk ist hier wirklich Crust Punk gemeint, nicht eine angeraute Version des Psychedelic-Post-Metal, mit dem ebenjene Gruppe weltbekannt wurde: Einen Vergleich zwischen beiden Bands lässt allenfalls das räudige Sólstafir-Debüt „Í Blóði Og Anda“ zu. Doch um BASTARÐUR wirklich zu verstehen, muss man noch tiefer in Aðalbjörns Vergangenheit graben: Dessen musikalische Karriere startete als Schlagzeuger in einer Punk-Band, Bölvun. Der Song „Afturhalds Kommatittir“ auf „Satan’s Loss Of Son“ stammt nicht nur aus dieser Zeit, sondern wurde auch für BASTARÐUR von Aðalbjörns damaligen Mitstreitern aufgenommen.
Darüber hinaus ist „Satan’s Loss Of Son“ eine Mixtur aus allem, was Aðalbjörn zu seinen Einflüssen zählt, bei Sólstafir aber nicht so richtig unterbringen kann: der Kick-Ass-Rock von Motörhead, der dreckige Death Metal von Entombed, die Bissigkeit von Napalm Death und last but not least die Fuck-off-Attitüde von Crust-Punk-/D-Beat-Bands wie Discharge oder Disfear. Die Riffs bleiben simpel wie treibend, dazu brüllt Aðalbjörn atonal ins Mikrophon, und gelegentlich wird von Ragnar Zolberg (den Sólstafir-Fans als gelegentlichen Live-Bassisten kennen könnten) und Þráinn Árni Baldvinsson von Skálmöld ein rotziges Solo drübergeschmiert. Auch am Mikrophon haben sich BASTARÐUR noch Unterstützung an Bord geholt – Marc Grewe von Morgoth und Insidious Disease (in „Burn“) sowie Alan Averill von Primordial und Dread Sovereign („Black Flag Fools“).
Und doch kann natürlich auch ein Aðalbjörn Tryggvason nicht ganz aus seiner Haut: Wenn auf „Satan’s Loss Of Son“ das Tempo doch mal etwas rausgenommen wird – etwa im Titeltrack – lässt sich unter all dem Schutt und Staub natürlich doch ein Hauch von Sólstafir-Vibe erspüren. Und wer seine Stimme kennt, erkennt sie auch im rohen Sceaming bei BASTARÐUR wieder. Das ist schön für Fans, die beide Genres schätzen – definitiv aber nicht genug, um „Òtta“-Fans bedingungslos auch dieses Album empfehlen zu können.
Rund macht „Satan’s Loss Of Son„, dass BASTARÐUR nicht nur wissen, was gut ist, sondern auch, wann’s gut ist: Mit ansteckender Freude zelebrieren sie knapp 30 Minuten lang den musikalischen Stumpfsinn – ehe es aber tatsächlich stumpf wird, hören sie einfach auf. Damit vermeiden die beiden den letzten groben Fehler in der Albumkomposition und machen ihr Debüt zu einer stimmigen, bis zum letzten Moment energiegeladenen und somit durchweg unterhaltsamen Veröffentlichung.
Wertung: 8 / 10