Ein kleiner Junge freut sich sehr über ein paar neue Schuhe. Eine Szene, die sicherlich vermehrt an Weihnachten vorkommen mag, in diesem Fall aber das Cover von BAD RELIGIONs „Christmas Songs“ ziert. Wo Albumtitel, Artwork und auch die Auswahl der interpretierten Titel weniger kreativ ausfallen, besteht doch die Hoffnung auf eine qualitativ hochwertige Umsetzung und interessante Ideen, die diese klassischen Weihnachtskompositionen auch für Fans alternativer Musik schmackhaft machen könnten.
Personell gesehen war es das erste Album seit 1983 und „Into The Unknown“, das ohne Greg Hetson an der Gitarre auskommen musste. Außerdem hat die Band ein letztes Mal mit Brooke Wackerman am Schlagzeug gearbeitet und sich das erste Mal seit „The New America“ (2000) als fünfköpfiges Kollektiv eingefunden. Die Tatsache, dass man vermehrt auf altbewährte Weihnachtsklassiker setzt, wenn man vom Remix des bekannten „American Jesus“ absieht, scheint nicht besonders verwunderlich, ist aber doch überraschend für eine Musikgruppe, die zum Zeitpunkt der Aufnahmen bereits auf eine 34-jährige Karriere zurückblicken konnte und aus diesem Grund sicherlich mehr Ideen auf dem Release hätte bündeln können. Der chorale Acappella-Einstieg mit „Hark! The Herald Angels Sing“ wirkt zunächst ernüchternd, baut sich aber dann unerwartet zu einer melodiös-rotzigen Punk-Rock-Nummer aus. Auch im weiteren Verlauf von „Christmas Songs“ setzen BAD RELIGION auf ihren bewährten Sound, der von einem melodiebehafteten Vorgehen dominiert wird und kurzfristige Stücke beinhaltet, die geradlinig und gerade dadurch sehr eingängig sind.
Nicht zuletzt wird dieser Faktor auch dadurch bestimmt, dass wirklich jeder diese englischsprachigen Weihnachtstitel kennen wird. Im Gegensatz zu den deutschsprachigen Kollegen Die Toten Hosen, die mit „Wir warten auf’s Christkind“ die Songtexte etwas verfremdeten, setzen die US-Amerikaner auf die standardisierten Versionen. Das ist zwar kein Beinbruch, gerne hätte man aber mehr der typischen Sozialkritik und Bissigkeit der Musiker aus Los Angeles mit diesem klischeebehafteten Thema verbinden können. Die stärksten Titel dieser Veröffentlichung sind das stampfende „Little Drummer Boy“, das fast ausschließlich und passenderweise durch das Schlagzeug dominiert wird, und das kraftvolle „What Child Is This?“. Etwas fragwürdig erscheint in diesem Kontext auch der Andy-Wallace-Mix von „American Jesus“, der nur musikalische Neuerungen geliefert bekam, die sich vom Original nicht wesentlich unterscheiden und auch nur der Titel entfernt mit der Geburt des Sohn Gottes in Verbindung gebracht werden kann.
BAD RELIGION haben mit „Christmas Songs“ ein wenig kreatives Weihnachtsalbum aufgenommen, das den gewohnten Punk Rock in guter Qualität präsentiert, aber die bissig-sozialkritische Seite komplett außer Acht lässt. Neben der bedachten Auswahl auf All-Time-Classics der Weihnachtszeit ist es vor allem die Spieldauer von gerade einmal 20 Minuten, die einen ernüchternd zurücklässt. Es gibt interessantere und spannender umgesetzte Alben, die Stromgitarren mit weihnachtlicher Musik kombinieren.
Wertung: 5 / 10