Review Babymetal – Babymetal

(J-Pop / Thrash Metal / Power Metal / Metalcore / Heavy Metal / Electronic) Alle Idealisten und Puristen unter den Metalfans müssen jetzt ganz stark sein: Metal ist populäre Musik und findet selten in einer (um ein schlimmes Wort zu benutzen) unverfälschten Form statt. Sei es überfüllte Stadien, aufwendige Bühnenshows, riesige T-Shirt-Kollektionen, mediale Selbstinszenierung, in Augenblicken ausverkaufte Metalfestivals – all das ist Musikbusiness, und all das ist Pop. Das ist auch nicht schlimm, ebenso wenig wie der Wunsch, durch die Kombination unterschiedlicher Stile etwas Spannendes, im besten Fall Neues zu kreieren, anstatt auf der Stelle zu treten. Ach so, das war bereits allen klar und das ist auch kein Problem? Gut, dann können wir ja vollkommen unvoreingenommen an BABYMETAL herangehen, die ihr selbstbetiteltes Debütalbum 2015, und somit ein Jahr nach Japanrelease, nicht zuletzt aufgrund ihrer viralen Erfolgsstory auch in Europa veröffentlichen.

Ein Versuch, BABYMETAL kompakt zusammenzufassen, könnte folgendermaßen aussehen: Su-Metal, Yuimetal, Moametal, drei japanische Mädchen zwischen fünfzehn und siebzehn Jahren, singen unter anderem über den Wunsch, Schokolade zu essen oder über das Problem, morgens aus dem Bett zu kommen und setzen sich textlich gegen Bullying ein. Musikalisch liefert ihre aus namenlosen Musikern bestehende Band dazu eine Mischung aus (unter anderem) Thrash-Metal-Riffs, Power-Metal-Soli, Heavy-Metal-Melodieführungen, brachialen Metalcore-Breakdowns, häufig gewollt cheesy klingenden elektronischen Elementen und Death-Metal-Growls. Das Ganze wird angereichert durch unverschämt eingängige, tanzbare, mitreißende und gerne auch absolut überzuckerte Melodieführungen. Und so absurd das jetzt alles klingt: BABYMETAL funktionieren.

„Kawaii-Metal“ nennt Mastermind Kobametal – der Schöpfer dieses Projekts – die Musik von BABYMETAL, und gerade der markante J-Pop-Einfluß macht BABYMETAL so eingängig. Dass nach einem Refrain, der den Hörer tagelang nicht aus dem Kopf gehen wird, ein Breakdown alles niederwalzt, nur um in einen Power-Metal-Part überzugehen, der in einem stampfenden EDM-Feuer mündet: „line!“ ist all das und mehr. Ähnlich verrückt ist das mit elektronischen Parts durchsetzte und einem an Kindersendungen erinnernden Refrain versehene „Doki Doki ☆ Morning“ sowie das Dubstep-Metalcore-Pop-Gemisch „Uki Uki ★ Midnight“ – dabei wirkt die in der Theorie irre klingende Kombination verschiedener Stile kein bisschen erzwungen, wenn auch (bewusst) absolut überzeichnet. „Megitsune“, „Gimme Chocolate !!“, „Akatsuki“ und „Ijime, Dame, Zettai“ stellen musikalisch gesehen klassische, treibende Metalsongs dar, die so perfekt mit eingängigen, poppigen Gesangslinien verschmelzen, als wären diese beiden Elemente schon immer füreinander gemacht gewesen. Seinen Höhepunkt findet dies im Bonustrack „Roads Of Resistance“, in dem Herman Li und Sam Totman von Dragonforce zum Gitarrenduell ausholen und sich dabei nahtlos in den Sound von BABYMETAL einfügen.

Dass „BABYMETAL DEATH“ als Intro deutlich zu lange gerät, Songs wie „Onedari Daisakusen“, „Song 4“ und „Catch Me If You Can“ nicht uneingeschränkt überzeugen können und zeigen, dass die Kombination unterschiedlicher Stile doch nicht immer reibungslos funktioniert, schmälert nicht den Spaß, den BABYMETAL auf ihrem ersten Album machen. Sicherlich, die Produktion klingt stark komprimiert – was perfekt zu diesem Album passt. Der Innovationsgehalt der Metalgrundlage der Songs hält sich meistens in durchaus überschaubaren Grenzen – wird durch die Kombination mit den begeisternden Gesangslinien aber so aufgewertet, dass auch das nicht weiter stört. Alle engstirnigen Musikhörer da draußen werden sicher einen weiten Bogen um dieses Album machen – allerdings verpassen sie dann ein extrem unterhaltsames und eingängiges Album mit haufenweise Ohrwürmern. Ob das jetzt Metal, Pop oder etwas Hybrides ist, spielt dabei schon lange keine Rolle mehr.

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Wertung: 7.5 / 10

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4 Kommentare zu “Babymetal – Babymetal

    1. Ich hab nur kurz reingehört, fand das aber auch tatsächlich ganz cool, wenn auch nicht so überzeugend wie Babymetal. :)

  1. Ich bin ja nun wirklich der letzte, der sich nicht über die Metal Szene und ihre pseudobösen Anhänger lustig macht, aber hier sage ich voller stolz: Ich bin deutlich zu evil, grim und frostbitten um das auch nur annähernd akzeptieren zu können :D Vollkommen absurd, wie diese Musiker-Darstellerinnen da über die Bühne hüpfen.

    1. Schade, du verpasst was :)
      Und ich finde es nicht weniger absurd, wenn Immortal angemalt auf irgendwelchen Ruinen herumposen oder wenn Mayhem Schweinblut ins Publikum spritzen und sich mit Fleischabfällen behängen. :)

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