Das Cover von "Sign Of The Times" von Axel Rudi Pell

Review Axel Rudi Pell – Sign Of The Times

„Wo AXEL RUDI PELL drauf steht, ist auch AXEL RUDI PELL drin“ – abgedroschener könnten ein Promo-Text oder eine Plattenkritik kaum beginnen, und doch ist diese Satzhülse bei keiner anderen Band so zutreffend wie den Bochumer Melodic-Metallern. Kaum eine Band veröffentlicht mit der Beständigkeit der Truppe des blonden Saitenhexers neue Alben und eben diese Beständigkeit ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist sie zu begrüßen, denn Überraschungen bleiben außen vor und die Band bleibt ihrem Sound treu. Fans wissen, was sie bekommen. Andererseits ist sie der Vorläufer der Langeweile, denn Überraschungen bleiben außen vor und die Band bleibt ihrem Sound treu. Und selbst das beste Konzept nutzt sich mit der Zeit ab. Was tun AXEL RUDI PELL, um den schmalen Grad zwischen Beständigkeit und Langeweile auf „Sign Of The Times“ trittsicher zu beschreiten?

Die kurze Antwort: Kaum etwas. Das hat durchaus sein Gutes, denn AXEL RUDI PELL verbuchen so einiges auf der Haben-Seite ihres Sounds: Johnny Gioeli ist vermutlich der energetischste Frontmann im zeitgenössischen Hard-Rock-Bereich, überhaupt bringt der Bochumer seit Jahrzehnten eine ebenso stabile wie starke Besetzung mit, und für sich genommen ist Herr Pell auch ein durchweg talentierter Songwriter. All diese Vorteile kommen auch auf „Sign Of The Times“ wieder positiv zu tragen, denn AXEL RUDI PELL legen hier – kaum verwunderlich – ein ebenso routiniertes wie solides Melodic-Metal-Album vor. Stilistische Grenzen werden hier sicher nicht überschritten, aber die neun Songs nebst Intro bieten alles, was Fans der Musik im Allgemeinen und dieser Band kennen und lieben.

Alles wie immer also? Im Großen und Ganzen ja, und genau hier liegt die Schwierigkeit: Dass AXEL RUDI PELL ihren Sound gefunden haben, ist zu begrüßen und dass sich nach 30 Jahren gewisse Wiederholungen kaum vermeiden lassen, ist jedem Fan klar. Da verwundert es nicht, dass viele der Songs von „Sign Of The Times“ auch auf jeder anderen Platte des Mannes kaum auffallen würde. Angefangen mit gelungenen Uptempo-Rockern wie „Waiting For Your Call“ über den coolen Titeltrack hin zur von Sänger Gioeli phänomenal vorgetragenen, obligatorischen Ballade „As Blind As A Fool Can Be“ ist das auch vollkommen in Ordnung. Allerdings scheint es, als würden sich AXEL RUDI PELL teils keine Mühe geben. „The Black Serenade“ ist das säuselnde Intro, das Fans spätestens seit „Between The Walls“ auf jeder Platte der Truppe in leicht veränderter Form zu hören bekommen, „Bad Reputation“ heißt wie „Nasty Reputation“ von 1991 und klingt wie „Rock The Nation“ von 2006 und „Gunfire“ ist der gleiche Opener, den die Herren auch schon auf „Knights Call“ untergebracht haben. Fans wird das kaum stören, aber es ist schade.

Zumal AXEL RUDI PELL auch auf „Sign Of The Times“ beweisen, dass sie alles andere als einfallslos sind. Wird die bekannte Formel schon im mitreißenden „End Of The Line“ ein bisschen abgeändert, ist der angedeutete Hendrix-Groove des coolen „Wings Of A Storm“ etwas, das man bei der Band gar fast nie hört. Und wenn das im weiteren Verlauf zu einer Gänsehaut-verdächtigen Hymne anwachsende „Living In A Dream“ mit Reggae-Rhythmen direkt aus dem Pop-Rock der 80er einsetzt, fragt man sich, wieso AXEL RUDI PELL nicht generell etwas mehr Experimentierfreude walten lassen. Diese Songs gehören sicherlich zu den spannendsten von „Sign Of The Times“ und zeigen, dass die Bochumer voller guter und vor allem neuer Ideen stecken, mittels derer sie ihren bekannten Sound angenehm variieren, ohne alteingesessene Fans vor den Kopf zu stoßen. Künftig bitte mehr davon!

Isoliert betrachtet ist „Sign Of The Times“ ein astreines Hard-Rock- bzw. Melodic-Metal-Album, dem es an absolut nichts fehlt. Im Kontext der drei Jahrzehnte langen Karriere von AXEL RUDI PELL gesehen ermattet dieser Glanz jedoch ein wenig, denn hier sind etliche Parallelen zu früheren Werken zu erkennen. Dank einiger wirklich guter neuer Einfälle retten sich die Herren vor der Selbstkopie und allein aufgrund des superben Gesangs von Johnny Gioeli ist „Sign Of The Times“ schon die Aufmerksamkeit jedes Melodic-Metal-Fans wert. Dennoch: Vor allem Quereinsteiger werden aufgrund der beschriebenen Merkmale viel Spaß mit diesem Album haben. Beinharte Fans greifen sowieso zu und alle anderen hören vorher rein und entscheiden dann, ob es hier genug Neues gibt, um den vollen Kaufpreis zu rechtfertigen.

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Wertung: 7 / 10

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2 Kommentare zu “Axel Rudi Pell – Sign Of The Times

  1. Ich bin wie immer voll auf die neue CD gespannt. Ja, es gibt es gibt schon Passagen, die einem bekannt vorkommen, aber ich höre es trotzdem gerne. Der Anfang mit dem Reggae-Takt gefällt mir nicht so, sonst super. Lisette

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