Ein nicht ganz ernst gemeinter Studio-Teaser, ein seltsames, aber zweifelsohne grandios umgesetztes Musikvideo und plötzlich war es einfach so da, wie aus dem Nichts – „The Stage“, das siebte Album von AVENGED SEVENFOLD. Zwar waren die amerikanischen Heavy-Metaller schon immer für Überraschungen gut, aber einen solch gewagten Schritt hätte man ihnen in einer Zeit, in der Alben monatelang im Voraus beworben werden, wohl nicht zugetraut – von der Umsetzbarkeit ganz zu schweigen. Doch nicht nur aufgrund der außergewöhnlichen Umstände ihres aufsehenerregenden Releases verspricht die neue Platte, ein Meilenstein in der Geschichte der Band zu werden.
Bei „The Stage“ handelt es sich nämlich ohne Zweifel um das bisher ambitionierteste Album von AVENGED SEVENFOLD. Im Verlauf von 74 Minuten (von denen allein schon auf den Abschlusstrack „Exist“ als längsten Song der Bandgeschichte über 15 Minuten entfallen) nehmen sich die ehemaligen Metalcoreler der Thematik der künstlichen Intelligenz an, was sich nicht zuletzt im spacigen Artwork widerspiegelt. Doch auch seine Musik hat das Quintett diesem fortschrittlichen Konzept unterworfen, denn noch nie haben AVENGED SEVENFOLD ihre bereits früher in Ansätzen vorhandenen, progressiven Wesenszüge so sehr ausgelebt wie auf „The Stage“. Bereits der über acht Minuten lange eröffnende Titeltrack enthält neben dem bandtypischen, kraftvollen Heavy Metal auch eine stimmungsvolle Clean-Passage und endet mit sanften Akustikgitarren.
Nach der eher geradlinigen Oldschool-Metal-Huldigung auf „Hail To The King“ haben AVENGED SEVENFOLD nun eine komplette Kehrtwende vollzogen, die Kontraste im Songwriting sind größer denn je. Somit finden auf „The Stage“ Balladen wie das lässig-melancholische „Angels“ oder das gefühlvolle, von eleganten Streichern und Clean-Gitarren getragene „Roman Sky“ ebenso ihren Platz wie kraftstrotzende Metal-Nummern wie das in den Strophen hämmernd-rhythmische „God Damn“. In ebenjenem Track sowie in „Fermi Paradox“ wird sogar auf Tremolo-Picking zurückgegriffen, das in letzterem außerdem mit Blast-Beats versetzt ist. Die gelassenen Strophen von „Simulation“ erinnern hingegen an „Prodigal“ von Porcupine Tree.
Natürlich klingen die Leads und Soli von Synyster Gates so charakteristisch wie eh und je, allerdings wesentlich ausgeflippter („Simulation“) als noch auf dem Vorgänger und bisweilen sogar spacig („Exist“). Ersteres lässt sich auch über das knackige Drumming von Neuzugang Brooks Wackerman sagen; der ehemalige Bad-Religion-Schlagzeuger lässt hier rein gar nichts anbrennen. Über die Vocals von M. Shadows braucht man eigentlich kein Wort mehr verlieren, er variiert wie gewohnt spielend zwischen kraftvollem und fragilem Gesang. Ein winzig kleiner Kritikpunkt lässt sich aber doch ausmachen: Die Produktion der Platte ist zwar sehr klar und professionell wie immer, hätte allerdings vor allem in den härteren, thrashigeren Momenten (derer es gar nicht so wenige gibt) mehr Druck vertragen.
Es ließe sich noch so viel mehr über die einzelnen Tracks und das Album im Allgemeinen sagen, doch eigentlich kann man es auch gut zusammenfassen: „The Stage“ mag auf den ersten Blick nicht so spaßig sein wie „City Of Evil“ und nicht so leicht zugänglich wie „Hail To The King“, doch AVENGED SEVENFOLD haben damit ein weiteres Mal unter Beweis gestellt, dass Begriffe wie „Stillstand“ oder „kreative Durststrecke“ keinen Platz in ihrem Sprachschatz haben. Man verzeihe mir die abgedroschene Phrase, aber es handelt sich dabei tatsächlich um ihr bisher erwachsenstes Album. Darum: Bühne frei für AVENGED SEVENFOLD!
Wertung: 9 / 10
Ich find’s gut, nicht mehr, nicht weniger. Es ist kein mittelmäßiger oder schlechter Song drauf, aber auch kein wirklich herausragender. „Hail To The King“ mochte ich deswegen ein klein wenig mehr, das hatte zumindest so 1-2 Highlightsongs.
Den Spontanrelease fand ich aber auch sehr mutig. In Sachen Verkaufszahlen ist ihnen da ja so einiges durch die Lappen gegangen ohne Promo-Kampagne.
Um ehrlich zu sein, musste ich anfangs auch überlegen, wie gut genau es denn eigentlich ist. Ich kann es wirklich verstehen, wenn jemand ihre früheren Alben mehr schätzt, weil sie halt eben straighter sind. Aber mich hats dann letztlich doch sehr beeindruckt, was sie hier abgeliefert haben, da fand ich eine hohe Wertung wirklich angemessen.
Ja, die Aktion war ein Wahnsinn. Allein schon, dass sie es geschafft haben, dass da nix geleakt wurde, das hätte ich nicht gedacht. Ich hatte anfangs den Eindruck, dass der Verkauf trotzdem gut klappt, aber ja, mittlerweile ist leider schon klar, dass sie dadurch einige Verkäufe eingebüßt haben. Ich hoffe mal, dass sich die Leute da nach na Weile noch zum Kaufen aufraffen, ich habs ja selbst nicht gleich am Tag des Releases gekauft.