Nach zwei mäßig gelungenen Alben und einer längeren Erholungspause konnten ATREYU mit ihrer 2015er Comeback-Platte „Long Live“ endlich wieder ein Stück des Enthusiasmus ihrer Frühwerke in die Gegenwart zurückholen. Die zugegebenermaßen etwas alberne, aber definitiv markante Vampir-Ästhetik von „The Curse“ haben die Amerikaner zwar endgültig hinter sich gelassen und nicht jeder der neuen Tracks zündete richtig, doch zumindest hatte die Metalcore-Truppe einen akzeptablen Kompromiss zwischen Melodie und Härte gefunden. Auf dem Nachfolger „In Our Wake“ verwerfen ATREYU diese neu gefundene Balance jedoch einmal mehr und wenden sich abermals dem kontroversen Sound von „Lead Sails Paper Anchor“ zu.
Daraus, dass sich ATREYU auf ihrem siebenten Album an ihrer bisher kommerziellsten Veröffentlichung orientieren würden, hatte die Band vorab kein Geheimnis gemacht. Angeblich hätten sich ach so viele Fans eine Rückkehr zu diesem Stil gewünscht und als Produzent sollte wie schon bei „Lead Sails Paper Anchor“ John Feldman herhalten – die Katastrophe schien schon längst vorprogrammiert. Tatsächlich entsagen ATREYU dem Metalcore auf „In Our Wake“ beinahe vollständig. Bis auf ein paar vereinzelte Screams und eine Handvoll halbgarer Breakdowns ist von der rohen Energie der ersten drei Alben nichts mehr übrig.
Selbst die brutaleren Tracks wie „Nothing Will Ever Change“ wirken schrecklich aufgesetzt – dass ATREYU in ebenjener Nummer in einem kurzen Break für ein phlegmatisches „Fuck it“ innehalten, entbehrt nicht einer gewissen traurigen Ironie. Doch was bleibt auf „In Our Wake“, wenn der Metalcore hier auf das nötigste Mindestmaß zurückgefahren wurde? Die Antwort lässt sich ganz einfach kurz und prägnant zusammenfassen: seichter, stereotypischer Arena-Rock. Klebrige Mitsing-Refrains waren für ATREYU zwar schon zu Zeiten von „The Curse“ charakteristisch, doch offensichtlich haben die Amerikaner inzwischen den Millennial-Whoop für sich entdeckt und sich dazu entschieden, damit ihre ohnehin schon allzu massentauglichen Gesangsmelodien weiter zu banalisieren.
Zwar legt Brandon Saller, der ATREYU schon längst wesentlich mehr mit seinen Vocals als mit seinem unauffälligen Drumming prägt, eine ausgelassene Gesangsperformance hin („The Time Is Now“), doch diese ist – wie auch die Instrumente – so hoffnungslos totproduziert, dass man sich kaum daran erfreuen kann. Schnulzige Pop-Balladen wie „Terrified“ werden dadurch genauso schnell zum penetranten Ohrengraus wie plumpe Pseudo-Knaller von Schlag eines „Blind Deaf & Dumb“.
Den absoluten Totalausfall verhindert auf „In Our Wake“ eigentlich nur Dan Jacobs, der zwar nicht ein einziges interessantes Riff, aber zumindest ein paar halbwegs spaßige Soli aus dem Ärmel schüttelt. Ob ebenjene ausreichen, um die Rock-/Metal-Hörerschaft eine Dreiviertelstunde lang bei Laune zu halten, ist allerdings äußerst fraglich. In den übrigen Aspekten geben sich ATREYU zwar gewohnt professionell, aber völlig fehlgeleitet. Während in den minimalistischen Strophen kaum jemals etwas Nennenswertes passiert, sind die generischen Refrains durch und durch auf Eingängigkeit getrimmt. Die aufdringliche, gekünstelte Produktion setzt dem Ganzen dann auch noch die Krone auf. Außer jenen Fans, die ATREYU für „Lead Sails Paper Anchor“ tatsächlich gefeiert haben, werden hieran wohl nur die wenigsten Gefallen finden.
Wertung: 3.5 / 10