Ein Blick auf die Besetzungsliste zeigt gleich, dass die Mitglieder von ARTLANTICA keine blutigen Anfänger sind. John West, Roger Staffelbach und Mistheria haben sich unter anderem bei Angel Of Eden, Artension und in den Soloprojekten von Rob Rock und Bruce Dickinson nützlich gemacht. Verstärkt durch zum Teil nicht weniger prominente Musiker macht sich die Kombo unter dem Namen ARTLANTICA und dem Debüt „Across The Seven Seas“ an klassischen Melodic Metal, der – man denkt es sich schon – die Melodielinien in den Vordergrund stellen möchte.
Die Qualität der einzelnen Musiker soll dementsprechend hier überhaupt nicht angezweifelt werden – jeder einzelne macht seine Arbeit gut, spielt/singt solide seine Parts ein und obwohl die Spuren der Drums und Gitarren durch die mehrfache Besetzung wohl etwas zusammengestückelt werden mussten, klingt das Ganze trotz des Projektcharakters nach einer richtigen Band. Die Keyboards sind sehr präsent und bestimmen den Sound merklich, wobei nicht immer die kreativsten Sounds gewählt werden, wie man an den vielen „Ahhhhhs“ (z. B. auf „You’re Still Away“) merkt. Aber gut, was für Stratovarius funktioniert, sollte doch auch bei ARTLANTICA klappen. Abwechslungsreich sind hingegen die Drumspuren geraten, die nur selten in Monotonie verfallen.
Wer gerne einen Vergleich möchte: Der klangliche Gesamteindruck steht irgendwo zwischen der schon genannten Truppe Artension und Daniel Löbles Heimstatt Helloween. Songs wie „2012″ oder „Fight For The Light“ drücken ordentlich aufs Gaspedal, wohingegen sich auch immer wieder etwas progressiv-verspielte Passagen finden lassen, am deutlichsten natürlich auf dem Instrumental „Return Of The Pharaoh Pt. 3″. Dazwischen gibt es Midtempo-Stampfer („Across The Seven Seas“), eine Ballade („Ode To My Angel“), düstere Klänge („Demon In My Mind“) und auch mal ein paar Brüche innerhalb eines Songs („Nightmare Life“, ein starkes Ding!).
Man ahnt es schon: Die Bandmitglieder zeigen sich dabei hinsichtlich des Songwritings als Routiniers. Die Abfolge der Stücke variiert Tempo und Grundstimmung, viele Songs sind so geschrieben, dass man sie sicher als „Hymne“ beschreiben könnte. Das Rezept geht durchaus auf – „Devout“ und „Heresy“ sind ordentliche Knaller und selbst die obligatorische Ballade ist ganz bestimmt nicht schlechter als vergleichbare Tracks. Und doch hat man ein wenig den Eindruck, dass alles zu geplant, zu glatt und fast zu schlüssig ist. Immer wieder ertappt man sich beim Hören dabei, zu denken, dass alles zu kalkuliert klingt und trotz seiner Abwechslung einfach nicht recht zu überraschen vermag. Kurz: Obwohl ARTLANTICA auf „Across The Seven Seas“ eigentlich alles richtig gemacht hat, hat die Band gerade dabei einiges falsch gemacht. Es ist eine Crux.
Berücksichtigt man nun noch, dass die Produktion etwas flach ist, bleibt „Across The Seven Seas“ ein handwerklich gutes, aber leider etwas künstliches Album für Genrefans, die gerne melodischen Metal hören wollen und keine Probleme mit ganz gelegentlichen progressiven Anfällen haben – aber auch da keine Sorge, sie sind kalkuliert kurz geraten.
Wertung: 7 / 10