Erinnert sich noch jemand an die unsäglichen Sci-Fi-Konzept-Flops von Iced Earth, namentlich „Framing Armageddon“ und „The Crucible Of Man“, die vor einigen Jahren für zahlreiche Verrisse und Häme seitens der Musikjournalisten sorgten? Die Jungs haben sich seitdem nie richtig aus dieser Ideenlosigkeitsspirale lösen können und waren mitnichten die ersten, die an dem Anspruch eines Konzeptalbums gescheitert sind. Warum ich dies alles noch mal erzähle? Nun, erfreulicherweise haben die Genre-Kollegen von ARTIZAN mit ihrem dritten Album „The Furthest Reaches“ den Spieß umgedreht und liefern ein seit längerem mal wieder sehr gutes Konzeptwerk aus dem traditionellen Sektor vor, welches zudem dieselbe thematische Verankerung vorzuweisen hat.
Die Amis konnten bereits in der Vergangenheit mit ihren ersten beiden Scheiben und ihrem kraftvollen wie auch melodischen US Metal für Furore sorgen, packen auf dem neuen Silberling aber noch mal einige Briketts drauf. Die Songs sind voller mitreißender Riffs und Melodien und klingen größtenteils deutlich progressiver bzw. verschachtelter als zuletzt. Man hört den Jungs definitiv an, dass sie sich mit „The Furthest Reaches“ etwas Größeres vorgenommen haben. Alleine der Titeltrack (neun Minuten) oder „Wardens Of The New World“ (sieben Minuten) tönen höchst ambitioniert, sind voller überraschender Wendungen, aber dennoch gesegnet mit eingängigen Hooks, was besonders Sänger Tom Braden zuzuschreiben ist, der gelinde gesagt überragend trällert. Letztgenannter Song kommt sogar mit einer weiblichen Gaststimme daher und kann mit seiner getragenen Atmosphäre sowie dem magischen Refrain als Blaupause für eine moderne Power-Metal-Ballade gesehen werden. Pikanterweise – und so ergibt die Einleitung dann doch irgendwie Sinn – hat man auch noch zusätzlich den ehemaligen Iced-Earth-Fronter Matt Barlow für diesen Song verpflichtet, dessen Präsenz ich aber persönlich zu keiner Sekunde wahrnehmen kann.
Der Rest auf „The Furthest Reaches“ ist ebenfalls auf einem hohen Niveau anzusiedeln, sei es nun etwas deftiger („Hopeful Eyes“, „Summon The Gods“, „Supernova“) oder melodischer („The Cleansing“, „Into The Sun“) – ARTIZAN haben demnach ganze Arbeit geleistet. Da wir es wie erwähnt mit einem Konzeptalbum zu tun haben, bekommt der Hörer zudem noch einige Zwischenspiele geliefert, die aber im Gegensatz zu manch anderem – deutlich prominenteren – Fall im Gesamtkontext Sinn ergeben und auch sehr kurz gehalten werden. Textlich wird von der Rückkehr einer außerirdischen Rasse auf die Erde erzählt, nachdem ein Notsignal ins All geschickt wurde, all dies eingerahmt in eine abendliche Vorlesung bei Mama. Klingt zwar nicht besonders originell, aber dafür auch nicht unnötig kompliziert oder pseudo-philosphisch. Denn schließlich haben wir es hier immer noch mit einer astreinen sowie schnörkellosen Heavy-Metal-Scheibe zu tun, bei der Gott sei Dank auch jeder Song für sich alleine stehen kann.
ARTIZAN liefern also mit „The Furthest Reaches“ den Beweis, dass die nötige Sorgfalt im Songwriting und Liebe zum Detail auch bei einem Konzeptalbum fruchten und dass weniger eben manchmal mehr sein kann. Für Fans des traditionellen Sektors definitiv ein Anspieltipp und man darf gespannt sein, was da noch alles in naher Zukunft kommt.
Wertung: 9 / 10