ARTILLERY sind ganz alte Hasen des europäischen Thrash Metals, denn die Dänen gibt es bereits seit 1982. Seitdem erfolgten aber auch schon zwei Bandauflösungen und 1998 sowie 2007 Wiedervereinigungen. Immerhin die Gebrüder Stützer an den Gitarren sind noch von Anfang an dabei. Beim inzwischen siebten Album „Legions“ ist nun aber auch so einiges neu: neuer Sänger, neuer Drummer, neues Label.
Mit dem Sängerwechsel von Søren Nico Adamsen zu Michael Bastholm Dahl verändert sich schon mal etwas Grundlegendes. Das liegt in diesem Genre nicht unbedingt in der Natur der Sache, stellt bei ARTILLERY aber durchaus eine einschneidende Veränderung dar. Die Band verabschiedet sich von thrash-typischem, rauem Gesang, Dahl singt stattdessen klar und relativ hoch und würde damit jeder nordamerikanischen Power-Metal-Band gut zu Gesicht stehen. Er hebt die Kopenhagener aus der Masse heraus und beherrscht sein Fach, sein Gesang wirkt kraftvoll und erfrischend. Eine Nummer wie der Favorit „Enslaved To The Neither“, die an die ruhigeren Nevermore-Songs erinnert, wäre mit einem anderen Sänger schlicht nicht möglich gewesen oder ein Fiasko geworden.
Etwas Gewöhnungszeit könnte man aufgrund des wohl polarisierenden Gesangs zwar brauchen, „Chill My Bones“ und „God Feather“ bieten zum Einstieg aber eine saftige Thrash-Keule an, die sofort mitreißt. Die Stützer-Brüder ziehen haufenweise scharf geschliffene Riffs aus dem Ärmel und feuern sie wie auch die ab und an eingeschobenen und gelungenen Soli äußerst präzise ab. Das ist technisch nie extrem anspruchsvoll oder ausgefeilt, aber immer akkurat, auf den Punkt und trotzdem wird nicht der simple Weg gegangen. „Legions“ ist eh voll von solidem Thrash Metal und auch angenehm abwechslungsreich. In den Refrains geht es wie etwa beim zweiten Anspieltipp „Legions Of Artillery“ schon mal hymnischer zu, neben Hochgeschwindigkeitsriffs finden sich auch haufenweise feine Melodien und ein paar auflockernde Breaks, mit „Global Flatline“ wird sogar ein Midtempo-Stampfer ausgepackt. Überhaupt sind die Grenzen zwischen Bay Area Thrash, Heavy Metal, Speed Metal und US-Power Metal hier fließend.
„Legions“ bewegt sich durchgehend auf gleich hohem Niveau, ist klar und drückend produziert und nach ein paar Durchläufen sind die meisten Lieder unverschämt eingängig. Trotzdem werden ARTILLERY wohl auch mit ihrem siebten Album nicht den großen Durchbruch schaffen. So spannend und durch den Gesang herausstechend das Material auch ist, heutzutage reicht es damit wohl leider nicht mehr für die große Aufmerksamkeit. Außerdem gibt es keinen sich herauskristallisierenden Hit, dafür aber auch keinerlei Ausfälle. Ist aber im Endeffekt völlig wurscht, jeder Genreliebhaber sollte hier unbedingt zugreifen und seinen Spaß an dieser rasanten Old-School-Thrash-Scheibe Scheibe haben!
Wertung: 8 / 10