Wenn eine Band sechs Jahre lang an ihrem Zweitling feilt, dann hat es sich hoffentlich gelohnt. So lange nämlich brauchten ARMORY aus den USA, um den Nachfolger ihres Debütalbums „The Dawn Of Enlightenment“ einzuspielen. Als Grund für die lange Produktionsphase gibt die Band ganz bescheiden den eigenen Perfektionismus an, aber egal, am Ende zählt, wie es klingt. Nun ist „Empyrean Realms“ jedenfalls fertig und zeigt vor allem eins – die US-Amerikaner, die verdächtig europäisch klingen, haben die Zeit gut genutzt.
Denn eines ist die Musik von ARMORY wirklich: durchdacht. Die Band präsentiert auf „Empyrean Realms“ eine bunte Mischung von Songs, die dem klassischen Melodic Metal der 90er Jahre, wie ihn Angra und Stratovarius praktiziert haben, sehr nahe stehen, durch einige progressive Passagen aber noch mal an Qualität gewinnen. Das heißt: Im Mittelpunkt stehen zwar die Melodien und der Gesang ist hoch, im Gegensatz zu den genannten Referenzbands liegt die Stärke bei ARMORY aber weniger in hymnischen Refrains. Eigentlich sind die Refrains sogar der Bereich, wo man sich bisweilen etwas mehr Eingängigkeit gewünscht hätte. „Beyond The Horizon“ und „Fate Seeker“ zeigen schließlich, dass die Band eigentlich weiß, wie das geht. Dafür vermeiden ARMORY fast immer, in die Kitschfalle zu laufen – etwas, das vielen Bands des Genres sonst leicht passiert (keine Regel ohne Ausnahme: das Intro und Outro von „Quest For The Fleece“ ist leider over the top).
Was „Empyrean Realms“ stattdessen auszeichnet, ist das überzeugende Songwriting, das sowohl innerhalb der Songs als auch zwischen den einzelnen Liedern eine erstaunliche Vielfalt herstellt. So wird es beim Hören nie langweilig, wenn auch das i-Tüpfelchen in Form eines starken Refrains und damit leider auch des hohen Wiedererkennungswertes fast immer fehlt. Dafür gibt es lange Gitarrensoli („Reflection Divine“) und überraschende und gelungene Wechsel im Rhythmus („Dreamstate“, „Elements Of Creation“). Überhaupt zeigt sich die Rhythmus-Fraktion von AMORY sehr präsent und bestimmt maßgeblich den Klang der Band – hier werden nicht einfach nur Grundrhythmen gekloppt, alle Instrumente haben ihren festen Platz im Klang der Amerikaner. Mit „Horologium“ befindet sich auch ein reines Instrumental auf der Scheibe, das sich nicht vor den Titeln mit Gesang verstecken muss.
Da ARMORY es geschafft haben, ihre ansprechende Musik auch noch in eine grundanständige, warme Produktion zu verpacken, gibt es auch von der Seite der Technik her wenig zu beanstanden. Man sollte diese Band auf dem Schirm behalten. „Empyrean Realms“ verspricht viele interessante Hördurchgänge und soll den Fans von melodischem Metal mit progressiven Elementen besonders empfohlen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass wir auf das dritte Album nicht wieder sechs Jahre warten müssen.
Wertung: 8 / 10