Was hat man sich bloß bei diesem Cover gedacht? Eine nackte Schönheit, die dem Zuschauer, nun, sagen wir mal, die kalte Schulter zeigt, während sie sich von vorne von einer Flammenerscheinung auf den Bauchnabel schauen lässt. Ich gebe es ja gerne zu, der Heavy Metal hat seit seinen Gründungstagen eine Menge übler Cover auf die Menschheit losgelassen und in diese Phalanx reiht sich nun auch dieser Hingucker ein – schlicht verfehlt. Aber man sieht ja über so vieles hinweg, wenn die Musik stimmt. Leider stellt der Rezensent bald fest: Diese ist zu gut, um sie kurzerhand zu zerreißen, aber zu schlecht, um das Cover vergessen zu machen.
Für jemanden, der die drei vorangegangen Alben von ARCTIC FLAME nicht kennt, erübrigen sich Vergleiche – ich stelle also völlig unbefangen fest: Man spielt Heavy Metal. Die Songs besitzen keinen verspielten Aufbau, das Riffing bedient sich aus der Schatzkiste (oder ist es doch eher die Rumpelkiste?) der Klassiker, es gibt das eine oder andere hörenswerte Gitarrensolo und das Tempo bewegt sich hauptsächlich im mittleren Bereich. Soweit die Technik. Da aber leider die Produktion ziemlich drucklos ausgefallen ist und die Bässe nur knapp an dem Prädikat „inexistent“ vorbeischrammen, haben auch die besten Stücke der Platte etwas Kraftloses an sich.
Das ist schon insofern schade, als man mit dem Opener „Man Made Man“ und dem darauf folgenden „Two Sides Of The Bullet“ keine schlechten Songs am Start hat, Gewohnheitskost, ja, aber (um bei dem Bild zu bleiben) durchaus sättigend. Auch Song Nummer drei, „Last Chance“, das beinahe punkig daherkommt, vermag noch zu überzeugen, wobei sich hier schon abzeichnet, was später der CD vollends zum Verhängnis wird: Die Refrains ziehen nicht richtig und werden dafür zu häufig gespielt, überhaupt verlieren sich die Song immer wieder im Beliebigen. Hier fällt auch das erste Mal der stark nasale und manchmal recht anstrengende Gesang negativ auf; obwohl der Mann den Standard eines jeden Metal Sängers erfüllt (mittel, hoch, ziemlich hoch), gelingen ihm keine packenden Melodien. Und so wird vor allem der mittlere Teil der CD zur Geduldsprobe. Natürlich scheinen hier und da Momente gehobener Qualität hindurch – unterm Strich ist das aber zu wenig.
Zu guter Letzt gibt es mit der Ballade „Rain“ noch eine Coverversion von Uria Heep, die sich vom Original durch nichts unterscheidet und das fast zehnminütige „Seasons In The Cemetery (Garden Of Stone)“, das die getragene Stimmung von „Rain“ fortführt. Ich bin fast geneigt zu sagen, dass dies der beste Song der Scheibe ist; er besticht durch seine Atmosphäre und hat instrumental sowie im Gesangsbereich schöne Melodien zu bieten. Vor allem aber hat man das Gefühl, dass sich Sänger Michael Clayton Moore hier am wohlsten fühlt, so gekonnt inszeniert er dieses Stück. ARCTIC FLAME beschließen ihre vierte CD also mit versöhnlichen Klängen, was aber nichts am Resümee ändert: Hier ist definitiv mehr drin.
Wertung: 6 / 10