Geht es um die sog. New Wave Of Traditional Heavy Metal (NWOTHM), so hat Kanada seit Beginn der Strömung mehr als nur ein Wort mitzureden: Bands wie Skull Fist oder Striker trugen maßgeblich dazu bei, den Metal der alten Schule wieder salonfähig zu machen und auch deren Nachkommenschaft, darunter Traveller und Riot City, tragen zum internationalen Erfolg der Sparte bei. Seit 2013 gehören auch ANTIOCH zum kanadischen Heavy-Metal-Zirkus und das Trio aus Windsor tat sich bisher durch einen beachtlichen Arbeitsethos hervor. In nur sieben Jahren schafften es die Burschen auf drei Alben und eine EP, wobei mit „V“ auch schon die nächste Veröffentlichung der Truppe in den Startlöchern steht.
In der knappen halben Stunde Spielzeit von „V“ gelingt es ANTIOCH, ihren Sound umfassend vorzustellen und dabei die verschiedenen Strömungen, die ihnen als Vorbilder dienen, zu offenbaren. Im eröffnenden „Hang The Eagle“ präsentieren sich die Kanadier dabei als kompromisslose Speed-Metal-Band, die mit messerscharfen Riffs, bellendem Gesang und entsprechend rumpeliger Produktion irgendwo zwischen ihren Landsleuten Exciter, Razor und ihren deutschen Kollegen Vulture rangiert. Das funktioniert, allerdings sorgt das unfreiwillige komische Gekreische von Frontmann Nicholas Allaire, der stellenweise wie ein aggressiver Kobold klingt, dafür, dass es sich hier noch um die schwächste Nummer dieser EP handelt.
Die Wiedergutmachung erfolgt jedoch sogleich, denn ab „On A Ledge“ geht es auf „V“ nur noch bergauf – nicht zuletzt, weil Mr. Allaire fortan etwas gemäßigtere Töne anschlägt. Offenber liegt ANTIOCH das groovende Midtempo deutlich mehr als rabiates Hochgeschwindigkeits-Gebolze, denn die rockige Nummer überzeugt ab dem ersten Ton und bietet im hymnischen Refrain sogar Gänsehaut-verdächtiges Stadion-Feeling. Einen weiteren Beweis hierfür liefert die Formation mit dem ebenfalls infektiös groovenden Headbanger „Demon Wick“. Mit ihrer Kombination aus traditionellen 80er-Jahre-Riffs und ruppigem Gesang kommt die Truppe zwar nicht an Genre-Vorreiter wie Accept ran, erinnert aber auf angenehem Weise an Kollegen wie die Australier Elm Street, bei denen diese Rezeptur ähnlich gut funktioniert.
Insegsamt bieten ANTIOCH auf dieser EP ein hohes Maß an Abwechslung, was vornehmlich an ihrem ebenso routinierten wie stilsicheren Songwritingt liegt. Auch die knapp achtminütige True-Metal-Hymne „A Facade At The Third Castle“ wird dank guter Einfälle und intelligenter Riffs nie langweilig und mit der W.A.S.P.-Hommage „Cloven Hooves“ haben ANTIOCH ihren besten Song bis zum Schluss aufgehoben. Soundmäßig setzen die Kanadier dabei auf „poliertes Rumpeln“, was im Klartext heißt, dass „V“ sicherlich nicht nach teurer Studioproduktion klingt, aber auch nicht nach Taperekorder im Probekeller. Ihre EP verströmt den Charme einer Vinyl-Veröffentlichung um 1984, die für eine Wiederauflage auf CD entsprechend aufpoliert wurde und das ist vermutlich auch genau das, was die Band erreichen wollte.
Eine Platte wie „V“ fügt dem Genre mit Sicherheit nichts neues hinzu, aber sie ist genau das, was sie sein soll: Eine spaßige Heavy-Metal-Scheibe für Fans der hier genannten Vorbilder. ANTIOCH haben durch und durch verinnerlicht, was den Heavy Metal der alten Schule ausmacht und wissen das hier mit viel Spielfreude und trittischerem Songwriting umzusetzen. Der kauzige Gesang mag dabei nicht jedermanns Sache sein, aber er hebt die Burschen aus Windsor in jedem Fall von ihren Mitstreitern ab und sorgt für einigen Wiedererkennunsgwert. Es bleibt zu hoffen, dass die Verkaufszahlen dieser EP der Band die Veröffentlichung eines vollen Albums bei Iron Shield Records ermöglichen – verdient hätten sie es allemal.
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