Soloalben von Sängern bekannter Bands sind oft so eine Sache – man denke nur an die unglaublich mittelmäßigen CDs, die Timo Kotipelto von Stratovarius mit seiner Sologruppe auf den Markt geworfen hat. Insofern darf man erst einmal skeptisch sein, wenn ANDI DERIS von Helloween mit „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ sein erstes Soloalbum seit 1999 ankündigt. Die Beteuerung, eine richtige Band um sich haben zu wollen und der daraus resultierende Namenszusatz „AND THE BAD BANKERS“ relativiert sich zudem schon beim Blick auf das Cover. Unverkennbar, wer hier das Heft in der Hand hat.
Auf den zweiten Blick sind die Sorgen schon weniger begründet. Schließlich hatte ANDI DERIS schon von Anfang an bei Helloween an den Songs mitgeschrieben, nicht zuletzt an einigen der erfolgreichsten der post-Kiske-Ära. Und entsprechend bricht „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ mit der Soloalbum-Regel. ANDI DERIS AND THE BAD BANKERS ist mit „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ tatsächlich ein gutes Power-Metal-Album gelungen, das zwar seine Ähnlichkeit zu Helloween nicht verneinen kann, aber doch eigene Akzente zu setzen vermag.
Wenn man den Vergleich zu Helloween weiter bemühen will, so fällt als Erstes auf, dass ANDI DERIS AND THE BAD BANKERS ein wenig rockiger klingen. Der Rhythmus im Refrain von „Will We Ever Change“, die Attitüde von „Bankers Delight (DOA)“ und das Riffing in „Cock“ machen den Einfluss des Heavy Rocks mehr als deutlich. Als regelrechte Helloween-Hymne könnte dagegen „Don’t Listen To The Radio (TWOTW 1938)“ durchgehen. Der zweite große Unterschied dürfte die stärkere Varianz sein, die ANDI DERIS auf „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ seiner Stimme erlaubt. Er verzerrt mehr, singt in tieferen Stimmlagen und in emotionaleren Mitteltönen. Natürlich fehlen seine hohen Töne nicht, aber sie sind im direkten Vergleich zu Helloween deutlich heruntergeschraubt.
Was auf „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ wirklich gut gelungen ist, ist die Abwechslung. Die Songs weisen deutliche Unterschiede auf, man horcht immer wieder auf. Insgesamt ist die erste Hälfte ein Stück härter, wohingegen die zweite Hälfte nachdenklicher ist und mehr ruhige Passagen beinhaltet. Was allerdings die in den Presse-Ankündigungen besonders betonte Gesellschaftskritik der Scheibe angeht – na ja, das war wohl etwas übertrieben. Zwar werden ANDI DERIS AND THE BAD BANKERS zwischenzeitlich mal vulgär („Cock“), auch gegenüber Bankern („Bankers Delight“), aber weder kann man hier von einem Konzept sprechen noch geht es intellektuell über einen kurz hoch gehaltenen Mittelfinger hinaus. Viele der Lieder scheinen mit dem Thema schlicht gar nichts zu tun zu haben.
Das macht aber auch gar nichts. Die Scheibe profitiert am meisten von den Stücken, in denen ANDI DERIS sich gesanglich austoben darf: die großartigen Halbballaden „Blind“ und „Enamoria 1.8“, das rockige „Will We Ever Change“ und das überraschend langsame „This Could Go On Forever“. Keine Frage, DERIS kann mehr als Höhe und Hochtempo, das ist endgültig bewiesen. Fans des Power Metals sollten unbedingt einmal hinhören, aber auch Heavy Rocker diverser Couleur könnten an „Million Dollar Haircuts On Ten Cent Heads“ ihre Freude haben.
Wertung: 8 / 10