Review Anaal Nathrakh – Eschaton

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Extreme Metal

Dass es nur wenige Bands da draußen gibt, die so extrem sind wie die Briten von ANAAL NATHRAKH, ist wohl kein sonderlich großes Geheimnis. Anno 1998 als klassisch nordische Black Metal Band gegründet (da Mick Kenney und Dave Hunt beide große Mayhem-Fans sind/waren und dem auf ihren Demos auch nicht zu knapp Ausdruck verliehen, indem sie ein paar Songs der Norweger coverten) machten sie im Laufe der Zeit und mit ihren inzwischen vier Alben (das fünfte ist so weit ich weiß zur Zeit in der Mache) die eine oder andere Entwicklung durch, mehr und mehr inkorporierte das Duo aus Birmingham Elemente des Death Metals und Grindcores in ihre Musik. Auf ihrem zweiten Album „Domine Non Es Dignus“ kamen dann sehr überraschend auch noch ein paar klassische Heavy Metal Anleihen dazu, die sich vor Allem in eher klassischen Soli und Klargesang äußerten. Das bemerkenswerte daran war, dass diese Elemente den Sound der Briten nicht irgendwie verwässerten, sondern ganz im Gegenteil, diese kurzen Atempausen das sonstige Geballer noch brutaler erschienen ließen.

2006 kam dann der Nachfolger von „Domine Non Es Dignus“ in die Läden, betitelt „Eschaton“, neun Tracks und damit knapp 35 Minuten stark und bei so einer kurzen Spieldauer darf man natürlich keine Zeit verlieren. Elf Sekunden dauert es, bis das anfänglich stampfende Gehämmer des Openers „Bellum Omnium Contra Omnes“ (heißt – wenn mich mein Latein nicht verlässt – so viel wie „Der Krieg von Allen gegen Alle“… putzig) sich in heftiges Geblaste und wüstes Gitarrengeshredde wandelt. Handwerklich ist hier alles schwer in Ordnung, wenn auch nicht so sonderlich technisch geraten, das Schlagzeug zeichnet sich vor Allem durch seine wahnwitzige Geschwindigkeit aus, genau wie die Gitarren und der Bass tobt sich beim konsequenten Tritt in die Magengrube des potentiellen Hörers aus. Die Produktion ist schön fett, allerdings auch transparent, so dass jedes Instrument trotz wirklich heftigem Geboller schön durchkommt. Und was die Vokalleistung von Benediction-Grunzer Dave Hunt angeht… Woah, der Mann klingt so, als würden ihm jeden Augenblick die Gedärme aus dem Rachen kommen. Er moduliert mühelos zwischen fiesen Growls und heftigem Gekeife und drückt den brutalen Songs dadurch das nötige Quentchen Abwechslung auf.

Und das nicht nur mit seinen extremen Gesangsarten. Dreimal – bei „Between Shit And Piss We Are Born“, „Timewave Zero“ und „When The Lion Devours Both Dragon And Child“, um genau zu sein – packt er im Refrain nämlich seine klare Gesangsstimme aus und perfektioniert das, was die Band auf „Domine Non Es Dignus“ angefangen hat: das bizarre Wechselspiel zwischen brutalem Geballer erster Güte und geradezu hymnenhaft erhabenen Refrains, die sich sofort im Ohr festsetzen und auch nach dem umpfzigsten Mal auf’s Neue einen Haufen Spaß machen. Wer jetzt aber denkt, dass diese drei Refrains das Einzige sind, was „Eschaton“ irgendwie von anderen Bands des Genres abhebt, der hat sich getäuscht. Denn an den neun Songs hier passt eigentlich alles, der Spannungsbogen der Musik ist wirklich beeindruckend, Kenney hat ein unglaubliches Gespür für guten Songaufbau, er scheint genau zu wissen, wie oft ein Riff gespielt werden darf, um einerseits nicht zu kurz zu kommen, andererseits aber auch nicht zu langweilen, er hat ein unheimliches Händchen für großartige Songstrukturen und packt immer an der richtigen Stelle die guten Melodien aus. Prima, jeder Song auf „Eschaton“ ist genau so lang wie er sein muss, keine Sekunde zu lang, keine zu kurz, es passt einfach und ist noch dazu unheimlich eingängig, trotz seiner Brutalität.

Um es letzten Endes noch mal gezielt auf den Punkt zu bringen: ANAAL NATHRAKHs „Eschaton“ ist so ungefähr das musikalische Äquivalent dazu, volles Rohr mit dem Kopf zuerst gegen eine Wand zu laufen, ein Rückwärtssalto aus dem siebten Stock zu vollführen oder vielleicht auch einem Frontalzusammenstoß mit einer Dampfwalze. Und das faszinierende daran: Wenn der Schmerz erst mal vergangen ist, will man mehr… Etwas ärgerlich ist wohl, dass gerade der letzte Track mit Attila Csihar am Mikro, „Regression To The Mean“, im direkten Vergleich mit dem Rest des Albums ein Stück abfällt und den Hörer so etwas unbefriedigt rausschmeißt, davor liefern ANAAL NATHRAKH aber ungefähr 32 Minuten absolut perfektionierte Brutalität ab, die einen mit der Wucht eines Dampfhammers trifft und das auf durchweg positive Art und Weise. Dringende Empfehlung.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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