Review Anaal Nathrakh – Endarkenment

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Extreme Metal

Ein Schwein, dem zwei Penisse aus den Augenhöhlen wachsen. Das ist geschmacklos, hässlich und absolut dämlich … Wasser auf die Mühlen all derer also, die ANAAL NATHRAKH immer schon blöd fanden. Oder? ANAAL NATHRAKH wären nicht ANAAL NATHRAKH, wäre es so einfach. Denn wie die Musik des britisch-amerikanischen Duos eben auch nie nur stumpfer Lärm ist, sondern zumindest bis ins letzte Detail durchdachter Lärm, gibt es natürlich auch für das Cover eine Erklärung (mehr dazu in unserem Interview mit Dave Hunt). Dass am Ende selbst das Label dem Bild zugestimmt hat, sagt viel über das Standing von ANAAL NATHRAKH aus – und darüber, was sich Metal Blade von „Endarkenment“ versprechen.

Tatsächlich dürfen die Erwartungen an den Erfolg des elften Albums hoch sein: Bereits auf dem Vorgänger, „A New Kind Of Horror“ (2018) waren Dave Hunt aka V.I.T.R.I.O.L. und Mick Kenney alias Irrumator in manchem Punkt neue Wege gegangen und hatten so dem Vorwurf entgegengesteuert, ANAAL NATHRAKH würden stilistisch nur noch auf der Stelle treten. Mit „Endarkenment“ gehen die beiden nun noch einen Schritt weiter: Selbstverständlich sind alle zehn enthaltenen Songs nach wie vor lupenreine und unverkennbare ANAAL-NATHRAKH-Brecher – und wer die Band bisher nicht mochte, wird sie auch mit diesen Songs nicht lieben lernen. Oder?

Wer sich bisher zumindest an den Melodien einzelner Songs erfreuen konnte, könnte der Band nun nochmal eine Chance geben. Denn ganz entgegen dem Titel „Endarkenment“, der vielleicht eher ein düstereres, vielleicht sogar härteres Album erwarten ließe, ist Album Nummer elf das mit Abstand melodiöseste, das ANAAL NATHRAKH je veröffentlicht haben. Schon der Opener und Titeltrack beginnt zwar roh und brutal, ist jedoch dank seiner Gitarrenläufe und der catchy Gesangslinie zugleich ein richtig fieser Ohrwurm. Das eigentlich Besondere ist, dass er damit auf dem Album nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel ist: Bei aller noch so sehr ausgereizten Aggressivität hat mindestens jeder zweite Song sehr melodiöse Elemente, die sich diesmal sogar nicht ausschließlich auf den effektvoll eingesetzten Gesang von Dave Hunt beschränken. So klingen in „The Age Of Starlight Ends“, „Libidinous“ und „Feeding The Death Machine“ so deutlich wie nie zuvor Melodic-Death-Metal-Anleihen durch. Gerade das Solo in erst- und das Mainriff in letztgenanntem Stück erinnern an klassischen Göteborg-Metal.

Diese fast schon übertrieben hohe Melodiedichte mag zunächst irritieren, macht „Endarkenment“ jedoch mit jedem Hören stärker, da ANAAL NATHRAKH nicht vergessen, nebenbei ordentlich draufloszuballern. Aber wenn man ehrlich ist, waren es ja immer schon die Songs mit dem grandios überspitzten Kontrast aus maximaler Härte und einer fast kitschig-schönen Gesangslinie, die im Kopf blieben: „Paragorn Pariah“ etwa („Passion“, 2011), oder „In The Constellation Of The Black Widow“ von der gleichnamigen CD (2007). Dass „Endarkenment“ gerade im Vergleich zu diesen frühen Werken (aber selbst gegenüber dem letzten Album) einen vergleichsweise zahmen Sound mit einem deutlich weicheren Doublebass-Sound und merklich weniger Übersteuern hat, tut sein Übriges …

Nach zehn Alben scheinen ANAAL NATHRAKH ihr eigenes Erfolgsrezept endlich restlos entschlüsselt zu haben – und wenden es konsequenter denn je an. So gibt es auf „Endarkenment“ erstmalig nicht mehr nur ein, zwei dezidierte Hits, sondern über das ganze Album verteilt Melodien, die sich ins Gehirn fressen. Nie war es darum angenehmer, ANAAL NATHRAKH zu hören. Noch angenehmer sollte es zwar nicht mehr werden, damit nicht am Ende die Brutalität auf der Strecke bleibt – auf dem aktuellen Level jedoch wissen ANAAL NATHRAKH restlos zu begeistern und zeigen ganz nebenbei all jenen Kritikern einen melodischen Mittelfinger, die dem Duo keine Weiterentwicklung mehr zugetraut haben.

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Wertung: 9.5 / 10

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Ein Kommentar zu “Anaal Nathrakh – Endarkenment

  1. Brutal stark, wie erwartet. Auch wenn ich zugeben muss, dass diese In-Flames-Mitsing-/Schunkelrefrains in „Libidinous“ und „Create Art, …“ schon arge Abturner sind. Aber der Rest der Platte ist nahezu makellos, sodass selbst das erst gar keine Chance hat, wirklich etwas kaputt machen zu können. Würde die gleiche Wertung vergeben, vielleicht mit Tendenz Richtung 9.

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