Review Amplified Memory – Vas Hermeticum

Mit „The Ever Spinning Wheel“ haben AMPLIFIED MEMORY 2013 zu verdeutlichen gewusst, dass man die musikalischen Grenzen des Melodic Death Metal durchaus überschreiten und dennoch noch traditionsbewusst klingen kann. Vier Jahre später folgt mit „Vas Hermeticum“ der zweite Streich. Dieser hebt die Musik der Münchner nicht nur hinsichtlich der progressiven Elemente auf ein neues Niveau an, sondern bietet mit der menschlichen Psyche sowie dem Unterschied und dem Verschmelzen von Illusion und Realität auch textlich ein interessantes Konzept.

Melodischer Todesmetall skandinavischer Prägung stellt erneut das stabile Fundament dar, auf dem der Sound von AMPLIFIED MEMORY gebaut ist. Eine deutliche Neigung zu Bands des traditionellen Göteborger Melodic Death Metal wie Dark Tranquillity, At the Gates oder ältere In Flames ist bei den jungen Musikern unüberhörbar. Ebenfalls hat finnische Schwermut, wie sie von Insomnium oder Wintersun bekannt ist, ihren Platz auf „Vas Hermeticum“. Diese Einflüsse ergeben eine überzeugende Mixtur, die den Hörer in der knapp einstündigen Spielzeit bei Laune hält. Mag dabei auch nicht jeder Song beim ersten Durchlauf vollends aufgehen, lassen sich nach und nach eine ganze Menge ordentlich mitreißender Riffs oder der eine oder andere sich mit der Zeit im Kopf festsetzende Refrain entdecken. Wolfgang Paulinis kraftvolle Vocals strotzen dabei ebenfalls vor Energie, sodass der Sänger den Vergleich mit namhaften Genre-Vokalisten nicht zu scheuen braucht.

Womit AMPLIFIED MEMORY jedoch am meisten Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Akzente zu setzen vermögen, sind genrefremde Einflüsse, mit denen die Gruppe es nie übertreibt und die mal mehr, mal weniger gekonnt das Songwriting ergänzen. So machen die Münchner mit Hilfe einiger Gastmusiker (unter anderem Florinda Hoffmann, die live beim Symphonic-Metal-Projekt Haggard spielt) von Elementen wie für den Melodic Death Metal untypischen Instrumenten und Klargesang Gebrauch. Manche Experimente sind hierbei besser gelungen als andere, so bleibt der Saxophon-Part im überlangen „A Walk On The Crystalline Path“ auch nach mehrmaliger Rotation sehr gewöhnungsbedürftig. Am anderen Ende der Skala stehen die großartigen weiblichen Gast-Vocals von Isabella Niedermeier auf der ersten Single „Ammon’s Eclipse“, die überaus gekonnt mit Wolfgang Paulinis kehligen Vocals harmonieren und zu einem der definitiven Album-Highlights beitragen.

„Vas Hermeticum“ von AMPLIFIED MEMORY überzeugt somit über das stilvolle Artwork hinaus auch auf musikalischer Ebene mit nur wenigen Abstrichen. Es ist nicht unbedingt ein Album, in das man sich auf Anhieb schwer verlieben wird, die Beschäftigung damit lohnt sich aber für jeden, der sehr gut gemachten Melodic Death Metal schätzt und sich dabei nicht scheut, hin und wieder über den Tellerrand hinaus zu blicken.


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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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