Review Amorphis – Tales From The Thousand Lakes (Live At Tavastia)

Kaum ein Album hat das vom Titel gegebene Versprechen so eingehalten wie „Tales From The Thousand Lakes“: Was schon in Worten mystisch und geheimnisvoll, verlockend und im wahrsten Sinne des Wortes fabelhaft klingt, erwies sich musikalisch als eines der prägendsten Alben des Melodic Death Metal überhaupt – und war zudem der Grundstein für den heutigen Erfolg von AMORPHIS. Kein Wunder also, dass die Finnen dem Album zum 30-jährigen Jubiläum ein Denkmal setzen wollen. Ob die nun erschienene Version „Live At Tavastia“ dahingehend der richtige Weg ist? Nach „Queen Of Time (Live At Tavastia 2021)“ bestehen daran zumindest berechtigte Zweifel.

Springen wir in der Zeit zurück – zunächst keine 30, sondern lediglich drei Jahre: Es ist Pandemie, Konzerte sind, wie jede andere Gruppenaktivität, nahezu weltweit verboten. Aus der Not heraus wird die „Streamshow“ erfunden: Bands spielen in leeren Clubs oder Proberäumen vor laufender Kamera – und die Fans daheim bekommen zumindest ansatzweise so etwas wie „Livemusik“ geboten. Mit aufgefrischter Erinnerung daran, was Liveshows eigentlich ausmacht, wirken die Mitschnitte aus dieser Zeit jedoch zumeist wie triste Dokumente einer tristen Zeit.

Entsprechend wenig konnten und können die meisten nachträglich als „Livealbum“ veröffentlichten Streamshows überzeugen – ob nun die Proberaum-Show „Live In Richmond, VA“ von Lamb Of God oder besagte „Queen Of Time“-Darbietung von Amorphis im menschenleeren Club Tavastia in Helsinki. Auch „Tales From A Thousand Lakes (Live At Tavastia)“ wurde zu ebendieser Gelegenheit aufgenommen – und doch verhält sich die Sache hier etwas anders als bei dem 2023 veröffentlichten Pendant. Denn anders als bei „Queen Of Time“, das ja selbst erst 2018 erschienen war, lässt sich aus „Tales From A Thousand Lakes“ in Sachen Sound durchaus einiges optimieren. Dass ausgerechnet dieser transparente Sound nun einige Disharmonien zutage befördert (besonders auffällig in „First Doom“ oder „Drowned Maid“), die vom rohen Originalsound stets gut kaschiert waren, ist allerdings problematisch – hier wäre etwas kompositorische Umarbeitung doch sinnvoll gewesen. Etwas schade ist auch, dass AMORPHIS sich dagegen entschieden haben, die The-Doors-Nummer „Light My Fire“ zu spielen: Mit ihren heutigen Fertigkeiten hätte das Cover – seinerzeit Bonustrack des Original-Releases – richtig cool werden können.

Dennoch: Macht man sich von der Vorstellung frei, „Tales From A Thousand Lakes (Live At Tavastia)“ sei ein AMORPHIS-Livealbum, nur weil es live eingespielt wurde, bietet dieser Release verglichen mit seinem Vorgänger echten Mehrwert: Mit ihren technischen Fertigkeiten von heute gespielt, mit Tomi Joutsen am Mikrofon und nach modernen Produktionsstandards gemischt, steht diese Live-Einspielung einem Studio-Remake nur noch in wenig nach. Man könnte sogar so weit gehen, dieser Version mehr Charme zuzusprechen. Für Puristen ist das Album natürlich nicht empfehlenswert. Für Fans insbesondere der neueren AMORPHIS-Alben könnte es, ähnlich der Remake-Compilation „Magic & Mayhem – Tales From The Early Years“ (2010), aber als Türöffner zum Frühwerk dieser herausragenden Band dienlich sein.

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Wertung: 7.5 / 10

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