Review Amon Amarth – Surtur Rising (+)

Ihre bisherigen Machwerke handelten von Thor und Odin, machten einen wilden Streifzug durch die nordische Mythologie. Dabei nur am Rande behandelt: Surt oder Surt(u)r, der Feuerriese und Herrscher über das Feuerreich Muspelheim. Und ganz nebenbei auch noch derjenige, der beim Ragnarök den alles Leben vernichtenden Weltenbrand auslöste. Kein angenehmer Zeitgenosse, möchte man also meinen, den sich AMON AMARTH da zum Thema ihres neuen Albums „Surtur Rising“ gemacht haben. Vielleicht. Definitiv aber ein Charakter, der laut den beiden Bandköpfen Johan Hegg (Gesang) und Olavi Mikkonen (Gitarre) von mehreren Seiten beleuchtet werden sollte und mal Abwechslung in die ansonsten so heldenhafte lyrische Welt des schwedischen Metal-Flaggschiffs bringt.

Gesagt, getan. Das mittlerweile achte Album der Bandgeschichte erschien, wie auch schon seine Vorgänger, über Metal Blade Records. Mit den drei Jahren, die zwischen „Twilight Of The Thunder God“ und dem aktuellen „Surtur Rising“ vergangen sind, ließen sich die außerdem Schweden verhältnismäßig fast schon viel Zeit.

Nötig war das auch deshalb, weil gerade bei „Twilight Of The Thunder God“ endlich jene Ermüdungserscheinungen eingetreten sind, auf die manche schon lange gewartet hatten. AMON AMARTH haben sich da, zugegeben, in eine verzwickte Ausgangslage gebracht. Am Stil wurde die Jahre über nur minimal gearbeitet, eine wirkliche Veränderung fand nicht statt. Trotzdem – oder eben gerade deswegen – konnte sich das Quintett zu einer der erfolgreichsten schwedischen Metalbands der letzten 20 Jahre mausern. Und qualitativ minderwertig war keines ihrer bisherigen Machwerke, das mussten sich auch die Kritiker eingestehen.

Trotzdem war es höchste Zeit, sich weiterzuentwickeln. Dass die Schweden das kapiert haben, zeigt „Surtur Rising“ schnell. Das beste Beispiel mag der Opener „War Of The Gods“ vielleicht noch nicht sein. Frontmann Hegg growlt sich in gewohnter Manier die Seele aus dem Leib, während die Instrumentalfraktion nichts aus den Ärmeln zaubert, was man so ähnlich nicht schon gehört hat – vor allem dann, wenn Andersson die Blast-Brille aufsetzt und sich die Atmosphäre mit teils singenden, teils heftig schrammelnden Gitarren verheißungsvoll gen Höhepunkt – also Refrain – schraubt.

Ähnlich geht es im Folgenden weiter – mit einem kleinen Unterschied, der sich erst nach einigen Hördurchgängen offenbart. Und der auch dazu führt, dass viele der 10 Titel von „Surtur Rising“ nicht mehr so schnell zünden, wie noch auf den Vorgängern. Tatsächlich sind es die melodiösen Leads und beinahe schon verträumten Solo-Einlagen, wie sie „Töck´s Taunt – Loke´s Treachery Part II“ oder „Destroyer Of The Universe“ bieten, die letztendlich den Unterschied machen und der Scheibe einen melodischeren Charakter verpassen. Und das, obwohl gerade bei „Destroyer Of The Universe“ der Name Programm ist und sich eine ebenso düstere wie brutale Atmosphäre über die Szenerie legt.

Wo „Live Without Regrets“ das Tempo anzieht, wird der Hörer bei „The Last Stand Of Frej“ nicht nur erstmals mit Streichern aus der Dose – Achtung: Geschmackssache – konfrontiert, sondern bekommt bei heruntergeschraubtem Härtegrad auch noch ein Solo um die Ohren gehauen, das überraschenderweise ziemlich schwermetallisch angehaucht ist. Ebenso verhält es sich mit dem Solo auf „A Beast Am I“ – Heavy Metal steht den Skandinaviern hier in fetten Lettern auf die Stirn geschrieben. Tatsächlich ist dieser Song in seiner rasenden Wut, die perfekt vom getriebenen Gesangs Johan Heggs inszeniert wird, einer der besten der ganzen Scheibe. Auch weil das stimmungsvolle, akustische Interlude die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm darstellt. Lediglich der Synthesizer-Einsatz beim Rausschmeißer „Doom Over Dead Man“ bleibt ob seiner ausgebliebenen Wirkung fraglich – zumal AMON AMARTH-Downtempo-Stücke nicht sonderlich gut zu Gesicht stehen.

Nach dem für mich, wie gesagt, eher schwachen „Twilight Of The Thunder God“ befinden sich die Schweden auf dem richtigen Weg hin zu einem abwechslungsreicheren Sound, den sie jetzt auch brauchen, um noch mitzureißen. Es sind die kleinen Nuancen, die sich beim oberflächlichen Hören kaum offenbaren werden, die „Surtur Rising“ stellenweise einen so herben Kontrast von Melodie und Härte einverleiben.

Grundsätzlich sollte man sich bei AMON AMARTH trotzdem fragen, was man eigentlich hören will. Die Schweden wandeln hier auf einem Pfad, der nicht allzu viele Abzweigungen hat und von denen man die meisten schonmal irgendwie gesehen hat. Wenn dann nach einer gewissen Reflektionsphase aber merklich an sich gearbeitet wurde, hört man das im besten Fall auch – wie bei „Surtur Rising“. Insofern: Kein krasser Stilbruch, kein riesiger Schritt auf der Evolutionsleiter. Aber abwechslungsreicher als die letzten Scheiben und der definitiv richtige Schritt in die ebenso richtige Richtung. Und eines ja sowieso: Fast fehlerfreie AMON AMARTH-Kunst, wie man sie dann eben doch kennt und schätzt.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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