Es überrascht niemanden, dass Musiker in Skandinavien mehr als 24 Stunden pro Tag zur Verfügung zu haben scheinen. AMBERIAN DAWN bringen nicht nur schon wieder ein neues Album heraus, bis auf Sängerin Capri sind alle Instrumentalisten auch noch in mindestens einer anderen Band involviert. Nun ja, das kann entweder für oder gegen Qualität sprechen, „Magic Forest“ versucht sich nach einigen Alben, die zwischen den Prädikaten „durchwachsen“ und „gut anhörbar“ pendelten.
Die neue Scheibe ist das „richtige“ Debüt der neuen Frontfrau, die beim letztjährigen Best-Of „Re-Evolution“ ihren Einstand gab, indem sie die alten Songs neu eingesungen hat. Hier hatte sie jetzt freie Hand, um der Musik, die wie gewohnt symphonisch und opulent instrumentiert ist, ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Erfreulich dabei: Töne jenseits des eingestrichenen „C“ bleiben weitgehend außen vor. Will sagen, Capri bevorzugt eher tiefere Stimmlagen, was bei der immer noch nachwirkenden Sopran-Übersättigung der letzten Jahre wohltuend angenehm klingt.
Leider vermag sie aber nicht, die Songs wirklich zu veredeln. Das ist alles nicht schlecht gemacht, keine Frage, singen kann sie, die Musiker beherrschen die Instrumente, das Songwriting wirkt ambitioniert und durchdacht, aber das letzte Quäntchen Konsequenz fehlt noch zu oft. Die gerade noch ausreichende Spielzeit von 39 Minuten hält einfach kaum Passagen bereit, an die man sich auch später am Tag noch erinnert. „Magic Forest“ tut an keiner Stelle weh, verzichtet auf Ecken und Kanten, bietet aber eben auch nur punktuell Ansatzpunkte für interessante Momente.
Wie gesagt, das Bemühen und die Fähigkeiten kann man AMBERIAN DAWN nicht absprechen, man nutzt viele der sich bietenden Möglichkeiten, um Dynamik in die zehn Lieder zu bringen, das leitende Keyboard setzt öfter mal aus und verschafft so einen Augenblick fast rohen Gitarrenklangs. Das Schlagzeug akzentuiert die im Midtempo gehaltene Musik durch Breaks, einige Double-Bass-Einsätze oder auch einfach dem Rhythmus folgenden Trommeln, die eine oder andere Solomelodie verirrt sich ebenfalls. Alleine der Wiedererkennungswert ist (mal wieder) zu gering, um aus „Magic Forest“ endlich die Platte zu machen, mit der AMBERIAN DAWN wirklich durchstarten können.
Möglicherweise klingt die Kritik etwas zu hart, das Material ist ja nicht wirklich schlecht, aber von einer Band, die Alben am Fließband raushaut, kann man dann vielleicht doch allmählich mal etwas mehr erwarten, zumindest dann, wenn es wirklich nach ganz oben gehen soll. So ist „Magic Forest“ ein bemühtes Album, welches man prima beim Putzen, Kochen oder jeglicher lästiger Arbeit hören kann, da die Musik nicht zu viel Aufmerksamkeit benötigt, aber dauerhaft wird man sich bei AMBERIAN DAWN im Jahr 2014 doch eher langweilen.
Wertung: 6.5 / 10