Seit einigen Jahren erlangen experimentelle Black-Metal-Bands durch die Inkorporierung unterschiedlicher Genres immer mehr Aufmerksamkeit und können einen stetigen Zuwachs an neuen Fans verzeichnen. Eine der Bands, die in einer derartigen Aufzählung auf keinen Fall fehlen darf, ist ALTAR OF PLAGUES. Mit ihren ersten beiden Alben legte die Band aus Irland ihre Post-Rock-Einflüsse in ihrem melancholischen Black Metal in überlangen Songs offen, während der thematische Fokus auf der zunehmenden Zerstörung der Natur und des Menschen selbst lag. Vier Jahre nach ihrem Debütalbum ist von diesen Strukturen kaum noch etwas übrig geblieben – während auf den Vorgängern warme, volle Gitarrensounds dominierten und die Songs in sich Eindeutigkeit aufwiesen, ist auf „Teethed Glory And Injury“ das Wort experimentell definitiv in den Vordergrund gerückt: Die Lieder sind kürzer und fragmentarischer, der Sound ist steril und nahezu mechanisch und das Album wird zu einem großen Teil von Noise-Attacken oder dröhnenden Synthiewänden dominiert. Mit anderen Worten: „Teethed Glory And Injury“ ist die Definition des „Post-“ in „Post-Black-Metal“.
Das gesamte Album hindurch verzichten ALTAR OF PLAGUES größtenteils auf Melodien und stellen stattdessen durch elektronische Elemente, Synthiesounds, Gitarrenfeedback, Lautstärkeschwankungen und Dissonanzen eine unwirkliche Kälte und Künstlichkeit in den Mittelpunkt – von Natur ist hier nichts mehr zu spüren. Der ganze Irrsinn, den „Teethed Glory And Injury“ darstellt, soll an einigen Beispielen illustriert werden: Nach einem atmosphärischen Intro wird durch einen überraschenden Bruch der Weg für „God Alone“ freigemacht, indem eine monotone, sägende Gitarre sich mit dem immer gleichen Ton über einen mächtigen Blastbeat legt, bevor dröhnender Bass und hasserfülltes, heiseres Geschrei hinzukommen. Plötzlich franst der Song kurz aus, nur um kurz darauf wieder in unerbittliches Riffing überzugehen. Ebenso sucht auch „A Body Shrouded“ nach der eigenen Struktur, schickt dabei ein verwirrtes Schlagzeug durch einen Irrgarten und lässt die Gitarren wie wild mit den Köpfen gegeneinander rasen. „Burnt Year“ beginnt mit einem mechanischen Rascheln und geht in einen brutal stampfenden Industrial-Beat über, der sich gemeinsam mit fies brennenden Gitarrensägen nahezu selbst zerstört, bevor ein mächtiger Blastbeat loshämmert und sich der Gesang nahezu verzweifelt überschlägt, nach Luft schnappt und panisch kreischend irgendwo im Hintergrund verloren umherfliegt – nur um kurz vor Schluss noch in einen epischen Schlussteil auszuschlagen. Das alles in nicht einmal fünf Minuten.
„Twelve Was Ruin“ beginnt mit einem übersteuerten, elektronischen Kratzen, über das sich ein minimalistisches, verschlepptes Schlagzeug und verhalltes Geschrei legen – in seiner Spielzeit von knapp neun Minuten arbeitet sich der Song daraufhin über rauschende Noise-Ausbrüche und elektronische Spielereien bis hin zu verträumten Melodien durch quasi jede Musikrichtung, nur um eine ganze eigene Vision experimenteller harter Musik zu entwickeln. „Scald Scar Of Winter“ ist sich ebenfalls nicht sicher, was es eigentlich sein soll und springt zwischen Blastbeats, einzelnen verhallten Tönen, Drones und elektronischen Glitches hin und her. Mittendrin bricht der Song jäh ab und ein tiefer, elektronischer Bassdrumkick übernimmt kurz, bevor plötzlich so etwas wie Choräle über treibenden Toms einsetzen, die zu verzerrten Synthies mutieren.
Sobald man sich beim Durchlauf von „Teethed Glory And Injury“ auf ein neues Element eingestellt hat, wird es schon wieder von einer neuen Überraschung zermalmt. Das ist ohne Frage sehr, sehr anstrengend und alles andere als eingängig, da zwar gelegentlich melodieartige Gebilde aufblitzen, das Klangbild aber größtenteils von Dissonanzen, Brüchen, Rhythmen und Dynamiken dominiert wird. Das Erstaunliche dabei ist: Das Album funktioniert in einer beeindruckenden Art und Weise, indem es den Hörer gleichzeitig in seinen Bann zieht und abstößt. ALTAR OF PLAGUES zeigen hier auf Albumlänge, wie sich Musik durch musikalische Mittel auflösen lässt und dennoch nach Musik klingt. Dazu trägt auch die dreckige Produktion, die immer wieder mit übersteuerten Momenten und Lautstärkeschwankungen spielt, einen enormen Teil bei. Die Stimmung, die dieses Album erzeugt, ist als eine Mischung aus Irritation, puren Albträumen und endlosen Sphären zu beschreiben – so dies überhaupt möglich ist. Ein wahnsinniger Drogentrip, der in seiner zerfaserten Hässlichkeit gefangen nimmt und nicht mehr loslässt.
Wertung: 9 / 10