Review Alestorm – Back Through Time (+)

Sie sind Schotten, sie musizieren – und haben ein schräges Faible für Piraten. Keine normalen Piraten natürlich, sondern gerne mal solche, die per Zeitreise 600 Jahre zurück in die Vergangenheit gehen – um eigenhändig die Wikinger zu töten. Warum? „Weil es getan werden musste“, wie Frontmann und Keyboarder Christopher Bowes zu sagen pflegt. So ist „Back Through Time“, der neue und mittlerweile dritte Langspieler der Perther ALESTORM, für allerlei Überraschungen gut.

Gewohnte Hausmannskost der Schotten bekommt der Hörer mit dem Titelsong serviert, der – wie erwähnt – die Zeitreise antritt, um die Welt von den lästigen Wikingern zu befreien. Dünnes Eis, auf das sich das Quartett da bewegt. Trotzdem lässt sich schon absehen, dass Album Nummer drei den Härtegrad ein wenig nach oben schraubt. Das darauf folgende „Shipwrecked“ bringt das verdammt groovend zur Geltung, lebt von seinem wilden Akkordeon und der ungestümen Atmosphäre. Kein Wunder, dass hierzu das erste Video gedreht wurde, das – aufgrund günstiger Produktion in Serbien – zudem auch recht ansehnlich ist.
Dass die Flöten und das Akkordeon besser funktionieren und die, teilweise tragenden, Rollen auf den beiden Vorgängern weitestgehend hinter sich gelassen haben, ist gut. Kompositorisch haben sich ALESTORM seit „Black Sails At Midnight“ hörbar weiterentwickelt, lassen die Songs noch geschmeidiger ins Ohr gehen („The Sunk’n Norwegian“). Neues ist dabei erwartungsgemäß nicht zu finden, die Band gibt selbst ganz offen zu, dass das Terrain, auf dem sie sich sowohl textlich als auch musikalisch bewegen, ein doch sehr begrenztes ist. Trotzdem haben sich auf dem Silberling wieder tolle Melodien wie bei „Buckfast Powersmash“ oder „Swashbuckled“ (ein kleiner Gruß an die Genrekollegen und Freunde aus den USA) gefunden, während „Scraping The Barrel“ eine Botschaft in Richtung der Kritiker der Band abschickt („Wenn ihr uns nicht leiden könnt, gründet eine eigene Band!“).
Ein verwirrtes Kratzen am Kopf kann „Rumpelkombo“ im Anschluss schon auslösen. Das gerade mal sechs Sekunden lange Stück widmet sich Grave Digger und deren Chris Boltendahl, die ALESTORM alles andere als freundschaftlich als eben solche Truppe bezeichneten, nachdem man sich auf Tour einen Bus teilen musste. Kapitulieren muss der Hörer dann gegebenenfalls vor „Barrett’s Privateers“, der sich mit seinem genialen Rhythmus und Refrain direkt die Gehörgänge entert. Nach diesem Track – wohl einem der besten der ganzen Scheibe – wartet am Ende noch der Rausschmeißer „Death Throes Of The Terrorsquid“. Den hat Bowes im zarten Alter von 13 Jahren geschrieben. Hier gibt sich Thrash-Riffing mit Death Metal-Parts die Klinke in die Hand, lässt dabei sogar noch Platz für Gekeife, Screams und Growls. Ein überraschender Abschluss, der den Schotten nicht schlecht zu Gesicht steht.

Das 2008er-Debüt „Captain Morgan’s Revenge“ kam mit einer schwachen Produktion auf der Brust daher, bestand zur Hälfte aus Lückenfüllern. Deren Anzahl wurde zwar beim gerade mal ein Jahr später erscheinenden „Black Sails At Midnight“ reduziert, aber noch immer nicht ausgemerzt – hier hätte man sich mehr Zeit lassen sollen. „Back Through Time“ braucht keinen Lückenfüller und kommt mit einer mörderischen Produktion – hierfür war übrigens wieder Lasse Lammert in seinen LSD Studios verantwortlich – daher. Mit mehr Eingängigkeit und Mitgröhlrefrains denn je schaffen es ALESTORM, mit dieser Scheibe zu überzeugen. Zeitreisende, wikingerschlachtende Piraten, die sich selbst mit einem riesigen Augenzwinkern betrachten, darf man nicht ernst nehmen, ein musikalisches Meisterwerk ist „Back Through Time“ ganz sicher auch nicht. Aber wenn man sich drauf einlassen kann, macht es einfach nur Spaß und ist die perfekte Partymusik – und in diesem Rahmen die bis dato beste Scheibe von ALESTORM.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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