Albumcover AL-NAMROOD

Review Al-Namrood – Worship The Degenerate

  • Label: Shaytan
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Black Metal

Seit 16 Jahren machen AL-NAMROOD nun Black Metal. Berücksichtigt man, dass sie das in Saudi-Arabien machen, also einer nicht eben als „Subkulturen fördernden“ Umgebung, ist das ziemlich beeindruckend – insbesondere weil AL-NAMROOD ziemlich produktiv sind: Acht Alben haben die beiden Bandgründer Mephisto und Ostron bislang veröffentlicht, dazu drei EPs, zwei Split-EPs und diverse Singles. Die bislang letzte Veröffentlichung „Worship The Degenerate“ wird dabei aufgrund ihrer nur knapp 25-minütigen Spielzeit als eine EP gewertet.

Der auffälligste Unterschied zu allem, was AL-NAMROOD bisher veröffentlicht haben, liegt im Gesang: Humbaba, der AL-NAMROOD seit 2014 und damit auf den letzten fünf Alben seine Stimme geliehen hat, ist nämlich nicht mehr Teil der Band. Neu dabei ist Artiya’il, und auch wenn dieser seine Sache nicht schlecht macht, fehlt irgendwie doch etwas: Wo Humbaba über die eh schon verschrobenen Songs mit bassiger Stimme gesungen und gegurgelt hat, keift Artiya’il durchweg in klassisch-truer Black-Metal-Manier. Das klingt (für Genrefans) tatsächlich weitaus „gewöhnlicher“ und damit vielleicht sogar angenehmer – aber in einem klanglichen Umfeld, in dem nichts angenehm ist, und außerdem im Black Metal, in dem nichts angenehm sein soll, ist diese Entwicklung trotzdem schade: Hier haben AL-NAMROOD definitiv an Charakter eingebüßt.

Tatsächlich klingt auch die Musik selbst eingängiger denn je und erinnert damit – gerade in Kombination mit dem Keifgesang – immer mehr an Melechesh. Die ohne weitreichende Expertise in arabischer Musik kaum zu beantwortende Frage ist also: Klangen AL-NAMROOD früher „authentischer arabisch“ oder doch einfach nur schief? Fakt ist, dass „Worship The Degenerate“ im Vergleich zu so manchem Frühwerk fast als Easy-Listening-Black-Metal durchgeht.

Das gilt ganz klar nicht für den Sound, der nach dem etwas mumpfigen „Wala’at“ nun in genau die entgegengesetzte Richtung ausschlägt: Während das Schlagzeug recht vernünftig vor sich hin bollert, sägen die Gitarren in fast unangenehmen Höhen herum – das ebenfalls sehr flache Screaming geht darin fast unter. In Zeiten, in denen nahezu jede Aufnahmesoftware mit Plugins einen ordentlichen Gitarrensound kreieren kann, fragt man sich auch hier: Geht es wirklich nicht besser – oder soll das so klingen?

Musikalisch jedoch sind die sechs Songs absolut gefälliges Material: „Protector Of The Herd“ beginnt mit atmosphärischen traditionellen Instrumenten, ehe die schneidenden Gitarren einsetzen – elegant verweben AL-NAMROOD aber auch im weiteren Verlauf Metal mit Percussion-Elementen. Der Titeltrack ist quasi reiner Black Metal – in „Guerillas“ stehen die Gitarren dafür über weite Strecken im Hintergrund, während die Atmosphäre von Flöten und Percussions getragen wird. Auch „Sun Of Liberation“ und das schmissige „Eclipse“ bietet einen gelungenen Mix aus beiden Welten, bevor AL-NAMROOD das Album mit der rein instrumentalen Arab-Folk-Ambient-Nummer „Free Will“ beenden. Das funktioniert erfreulich gut und avanciert zu einem späten Highlight dieses Releases – der übrigens auch sonst mit auffallend langen Instrumental-Passagen aufwartet. In einem repressiven Land wie Saudi-Arabien tut man aber vermutlich auch einfach mit wachsender Bekanntheit gut daran, möglichst wenig Streitbares von sich zu geben …

Mit „Worship The Degenerate“ haben AL-NAMROOD ihre musikalische Entwicklung merklich vorangetrieben: Während die Songs nun besser in die (westlichen) Ohren gehen denn je, verlieren AL-NAMROOD leider etwas an ihrer ursprünglichen Eigenwilligkeit – nicht zuletzt, weil den Songs Humbabas unverwechselbarer Gesang fehlt. Vielleicht steht AL-NAMROOD damit nun eine etwas breitere Hörerschaft offen. Wer die Truppe schon länger verfolgt, könnte aber auch enttäuscht werden.

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