Unlängst machte im Netz ein Fun-Pic die Runde, auf dem ein Haufen Gestrüpp als Inspiration für das neue Bandlogo herangezogen wurde. Wie das Logo in vollendeter Form aussehen könnte, demonstrieren die Ukrainer AGRUSS mit dem ihren recht anschaulich… ist dieses doch ungefähr genauso unleserlich, wie die Genrebezeichnung „Post-Atomic Black Metal“ ausstauschbar wirkt. Zumindest auf den ersten Blick.
Denn befasst man sich etwas eingehender mit der Band und ihrer Herkunft, stellt man fest, dass hier nicht bloß stupide auf post-apokalyptische Szenarien heruntergebetet werden, sondern auf die Atom-Katastrophe von Tschernobyl angespielt wird – eine Thematik, die die jungen Ukrainer noch heute viel direkter betrifft, als das beispielsweise hierzulande der Fall ist, wo wohl ein beachtlicher Teil der Jugend nicht einmal mehr weiß, was sich hinter dem Namen Tschernobyl verbirgt. Dass das Album dementsprechend am 26. April, dem Jahrestag des besagten Atomunfalls erscheint, ist in diesem Kontext nur konsequent.
Auch musikalisch belehren mich AGRUSS recht schnell eines Besseren. Denn wo ich die Band – nicht zuletzt der Genrebezeichnung wegen – recht schnell in die True-Black-Metal-Schublade gesteckt hatte, überrascht diese durch eine recht vielseitige Kombination aus Black und Death Metal sowie doomigen wie auch modernen, ja fast schon progressiven Elementen. So richtig weiß man hier nie, was hinter der nächsten Riff-Ecke lauert – ob nun im nächsten Moment Black-Metal-Raserei oder doomige Klänge den Raum erfüllen. Bisweilen schaffen AGRUSS auch beides zugleich – spätestens dann ist man vom Grad der Extreme her nicht mehr weit von Anaal Nathrakh entfernt.
Dass „Morok“ dabei trotz aller Vielfalt nicht so richtig begeistert, liegt wohl vor allem an zwei Punkten: Zum einen sind die verarbeiteten Parts für sich genommen mitunter eher durchschnittlich, zumindest aber nicht so innovativ, wie es die Songstrukturen im ganzen suggerieren, zum anderen wirkt das Geflecht im Ganzen betrachtet doch etwas sperrig… passend zum Bandlogo quasi. Als Paradebeispiel bietet sich hier das Albumfinale „Under The Snow III“ an, welches fast eine Viertelstunde füllt: Der Ideenreichtum ist hier gewiss überdurchschnittlich – dennoch will der Song nicht so richtig zünden.
Ich will AGRUSS nicht absprechen, mit „Morok“ ein gutes, ja vielleicht sogar ziemlich gutes Album geschrieben zu haben – allein, bis man sich damit anfreundet, vergeht hier definitiv mehr Zeit als bei den meisten „normalen“ Alben. Ob das Album die Zeit, die man zum Erschließen benötigt, wert ist, muss jeder für sich entscheiden – für alle Fans individuellen Schwarzmetalls mit etwas Geduld mag „Morok“ jedoch tatsächlich ein Geheimtipp sein.
Wertung: 7 / 10