Vier Songs, fast 80 Minuten Spielzeit – diese Monstrosität lassen ABYSSIC mit ihrem Full-Length-Debüt „A Winter’s Tale“ auf die Metal-Community los. Gespielt wird schleppender Death/Doom mit durchgehender Orchestrierung, die den Metal-Anteil zeitweise sogar vollständig verdrängt. Klingt ja schon mal vielversprechend und vermutlich würde dabei sogar ein richtig gutes Album herauskommen, wären bei den zwei eingangs erwähnten Zahlen doch nur die Vier und die Acht vertauscht. Da dies jedoch nicht mehr als eine Wunschvorstellung ist, handelt es sich bei der Musik von ABYSSIC um eine ziemlich ermüdende Angelegenheit.
Dabei werden die einzelnen Stilmittel sogar größtenteils gekonnt eingesetzt. Die langgezogenen, abgrundtiefen Growls untermauern die beklemmende Begräbnisstimmung, die vor allem durch die üppige Orchestrierung erzeugt wird. Bei letzterer ziehen ABYSSIC sämtliche Register: unheilvolle Blechbläser, mysteriöse Pianos, dramatische Streicher und Chöre sowie friedliche Flöten. Sogar futuristisch anmutende Synthesizer („A Winter’s Tale) und düstere Orgeln („Sombre Dreams“) kommen zum Einsatz. Eine erste Schwachstelle begegnet dem Hörer jedoch bald in Form der Gitarren. Sie sind langsam, dröhnend, nur selten melodisch und letztlich weitgehend belanglos.
Positive Ausnahmen sind die vereinzelten Clean-Passagen, sowie der Tremolo-Ausbruch in „Sombre Dreams“, bei dem die beteiligten Musiker wohl ihres schwarzmetallischen Hintergrundes gedenken. Ebenjene Stelle ist außerdem die einzige mit Blast-Beats, dafür greifen ABYSSIC aber trotz des allgemein einschläfernd niedrigen Tempos einige Male zur Double-Bass. All das bisher Erwähnte könnte man verschmerzen oder sogar schätzen, wäre da nicht diese eine Sache, die dem Album letztlich seinen Reiz nimmt: die Langatmigkeit. Als wäre es noch nicht schlimm genug, dass die lange Laufzeit auf so wenige Tracks verteilt ist (der Titeltrack allein dauert fast 30 Minuten!), wird das Ganze nochmal dadurch verschlimmert, dass die einzelnen Passagen immer und immer wieder wiederholt werden.
Wenn man schon so lange Songs schreibt, muss man sie auch mit genug Ideen füttern, um diese lange Dauer zu rechtfertigen. Doch das ist hier nicht geschehen, es passiert einfach zu wenig. Wären die Tracks nur halb so lang, würden sie immer noch jeder Progressive-Metal-Band zur Ehre gereichen, dabei aber trotzdem genug Abwechslung bieten, um nicht zu langweilen. So hingegen zieht sich das Album einfach nur unnötig in die Länge, was umso bedauerlicher ist, da die Musik an sich sehr gut klingt und auch noch glasklar produziert ist. Es gelingt ABYSSIC durchaus, eine geisterhafte Atmosphäre zu schaffen – mal harmonisch ruhig, dann wieder tragisch apokalyptisch. Doch das nützt einfach nichts, wenn man sich bei jedem Song ab einem gewissen Punkt fragt, wie oft man dieselbe Melodie noch hören muss.
Kurz gesagt, die Erwartungen, die ABYSSIC mit dem malerischen Artwork und dem interessanten Genre-Mix schüren, werden bitter enttäuscht. Die für sich genommen ansprechende Musik bricht unter dem Druck der eigenen Ambitionen zusammen, was wirklich jammerschade ist, da vor allem die symphonischen Elemente Anerkennung verdienen. Sollten es ABYSSIC beim nächsten Output schaffen, fokussierter und weniger ausschweifend vorzugehen, könnte jenes sogar ein weiteres Reinhören verdienen, „A Winter’s Tale“ kann jedoch noch nicht überzeugen.
Wertung: 5 / 10