Post Metal wohnt seit jeher etwas Erdrückendes bei. Songs aus diesem Genre sind weder filigran noch fragil, sondern im Gegenteil, sie stürzen wie eine meterdicke Betonwand auf den Hörer ein und pressen ihn bis zum Boden eines Abgrundes, nur um hinterher noch eine tosend laute Gerölllawine hinterherzuschicken. ABSENT IN BODY bedienen sich auf ihrem Debüt nicht nur an der herabstürzenden Betonwand oder der unaufhaltbaren Lawine, sondern sie vertonen dieses Szenario mit aller musikalischen Brutalität, die denkbar ist, und gaben ihm den Namen „Plague God“.
Die Inspiration für ABSENT IN BODY sind die Mitglieder selbst, die in den Genre-Instanzen Neurosis und Amenra aktiv sind. Obwohl Neurosis-Sänger Scott Kelly und Amenra-Gitarrist Mathieu J. Vandekerckhove das Projekt bereits vor fünf Jahren ins Leben riefen, war es erst das Jahr 2020 und das Ausbrechen der Pandemie, die ABSENT IN BODY das lyrische Leitmotiv gab. „Plague God“ ist so niederschmetternd, dass es den Hörer hoffnungslos zurücklässt; nicht, weil das Glas nur halb leer ist, sondern weil es ist mit Pech gefüllt ist.
In gut 36 Minuten Spielzeit gelingt es dem Quartett, sämtliches Dopamin aus dem Körper zu quetschen und es durch eine Dosis Nihilismus zu ersetzen. Dabei ist der atmosphärische wie schreckliche Opener „Rise From Ruins“ nur eine erste Kostprobe; die wuchtigen Drums von Igor Cavalera (Cavalera Conspiracy, ex-Sepultura) eröffnen einen Track, der mit Van Eeckhouts Schreien nicht nur durch Mark und Bein geht, sondern von einer massiven Riffwand dominiert wird, die einen unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschen lässt. Mit genau diesem Vorgehen malträtieren ABSENT IN BODY den Hörer noch für vier weitere Songs, wobei die Post-Metal/ Sludge-Band nicht nur in diesen Grenzen bleibt. „In Spirit In Spite“ überrascht ab der Hälfte des Tracks mit abklingender Brutalität und sanften Sprechgesang, ehe zum Ende hin nur noch eben dieser mit einer minimal eingesetzten Gitarre zu hören ist.
„Sarin“ büßt nichts an der forschen Atmosphäre ein, die ABSENT IN BODY kreieren, versetzt sie aber mit einem verschroben melodischen Riff, was den Track mehr oder weniger zu einem Ohrwurm avancieren lässt – ein Hit, geschrieben für den Weltuntergang, sozusagen. Mit „The Acres/ The Ache“ wird der Hörer überdeutlich daran erinnert, wessen kreative Ausgeburt diese Band ist: Die schleppende Rohheit von Neurosis und die dichte, kühle Atmosphäre von Amenra treffen in diesem Track zusammen, der warme Klargesang von Van Eeckhout kollidiert mit den brutalen Riffs von Vandekerckhove und Kelly. Das Drumming von Cavalera ist dabei im besten Sinne nur begleitend, denn der Schlagzeuger möchte in den fünf Liedern nicht damit prahlen, zu welcher Kreativität er im Stande wäre, sondern er untermauert „Plague God“ durch sein unaufgeregtes, aber für die Stimmung förderliches Drumming.
Mit dem finalen Track „The Half Rising Man“ beenden ABSENT IN BODY mit der Attitüde, mit der dieses Album aufgenommen wurde. „Wir haben uns keine Einschränkungen oder Grenzen auferlegt, um diese Musik zu schaffen. Alles geschah ohne Kompromisse, wir kamen zusammen und ließen der Inspiration freien Lauf.“ Und deswegen liefert diese Post-Metal-Supergroup mit jenem Song nicht nur den besten des Debüts ab, sondern auch einen, der genau dann abrupt endet, wenn sich die Nackenhaare für die bevorstehende Klimax aufgestellt haben.
ABSENT IN BODY komponieren keine Songs getreu der klassischen Musiklehre, geschweige denn ist „Plague God“ salonfähig. Es ist ein stimmungsgeladener Brocken, der vereinnahmend und abstoßend zugleich ist, der Genre-Fans in ein Loch stürzt und nochmal ordentlich nachtritt. ABSENT IN BODY schenken „Plague God“ kein Fünkchen Hoffnung oder gar ein Happy End, vielmehr umarmen sie darauf jede erdenkliche Schwärze, die die Welt bieten kann.
Wertung: 9 / 10
Ich hab das Album jetzt diverse Male gehört und bin irgendwie etwas unterwältigt. Nach der Ankündigung und selbst einem Vorabtrack war ich ziemlich gehypt, insgesamt finde ich das Album als Album aber dann doch langweiliger als erwartet. Die von dir beschriebene Atmosphäre kann ich zwar nachvollziehen, bei mir persönlich kommt sie aber nicht so eindringlich an wie von dir beschrieben.
Also ich bin da ganz bei Sarah und finde das Album von der ersten bis zur letzten Minute herausragend gut und durchaus abwechslungsreich – zumal das Ding mit 36 Minuten eh recht kompakt ist. Für mich definitiv in den Top Ten des Jahres.