Bei einer Band, die sich selbst als Avantgarde bezeichnet, erwartet man ja in gewisser Weise immer etwas Neues, Eigenständiges. Wenn einem ein Song (konkret: „Unearthly Theophagia Ov A Nonexistent Deity“) dann direkt beim ersten Durchlauf bekannt vorkommt, und zwar so, dass man nach einiger Überlegung das komplette erste Riff als Teil von Dimmu Borgirs „Deathcult Armageddon“-Opener „Allegiance“ identifiziert, fragt man sich dann doch, ob das dem Terminus noch gerecht wird, oder man selbst nur ein Zitat auf Meta-Ebene nicht als ebensolches erkannt hat.
Abgesehen von diesem, meines Erachtens nach doch eher groben Schnitzer, ist das, was die Slovaken ABBEY OF THELEMA zu bieten haben, gar nicht so uninteressant: Vielseitig instrumentiert präsentiert sich das Album des Duos als recht unterhaltsames, abwechslungsreiches Stück Musik, die, basierend auf Black Metal verschiedene Elemente, von Klassik über 70’s Rock bis hin zu modernen Sounds, verarbeitet und so über 45 Minuten zu einer experimentellen bis psychedelischen Reise einlädt.
Wer diesen Satz gelesen hat, weiß vermutlich, was „A Fragment Of The Great Work“ auch ist: Extrem anstrengend. Denn in 45 Minuten so viele verschiedene Stilrichtungen und Ideen unterzubringen, geht nur, wenn man diese entsprechend dicht packt. Zwar würde ich das Album nicht als gänzlich überladen bezeichnen – easy listening sieht jedoch wahrlich anders aus.Textlich zitiert man über weite Strecken aus Crowley’s „Liber Al Vel Legis“, ein Piano-Intermezzo aus der Feder des jungen Nietzsche (um 1958) hat ebenfalls seinen Weg auf das Album gefunden – faszinierend dabei finde ich jedoch vor allem, dass all dies im Kontext nicht gekünstelt, sondern in der Tat stimmig wirkt.
Dass der Sound bei alledem vielleicht einen Tick zu dünn klingt, mag zu Beginn als störend empfunden werden… hat man sich in das Album jedoch erst einmal reingehört, was ob des komplexen Materials sowieso von Nöten ist, stört dieses „Makel“ auch nicht mehr.
Mit „A Fragment Of The Great Work“ veröffentlichen ABBEY OF THELEMA ein Album, welches, in der falschen Stimmung genossen, wahnsinnig zu machen vermag – ein Attribut, das ich so aber vielen Avantgarde-CDs zuschreiben würde. Lässt man sich auf das Schaffen der Slovaken jedoch ein, findet der Fan verschwurbelter, abgefahrener Klänge im Extreme Metal-Bereich hier eine Band, die weiß, was sie will, und dabei sehr eigene Pfade beschreitet. Naja, von der Abkürzung über die „Dimmu Borgir-Gate“ abgesehen.
Wertung: 7.5 / 10