Review Aara – Eiger

  • Label: Debemur Morti
  • Veröffentlicht: 2024
  • Spielart: Black Metal

Die Schweizer Formation AARA ist schon eine kleine Sensation. Seit 2018 hat es die Atmospheric-Black-Metal-Band beinahe jährlich auf ein neues Album gebracht. Erst 2023 schloss das Trio seine „Melmoth“-Trilogie ab, die auf den dunklen Erzählungen von Charles Robert Maturin aufgebaut ist.

Nach der Aufbereitung dieses großen lyrischen Themas wendet sich die Band nun dem Grauen und der Majestät der Natur zu. „Eiger“ heißt AARAs neues Album und ist dem gleichnamigen Berg in den Berner Alpen gewidmet. Seit 1935 sind an dessen nördlichem Aufstieg, auch die Mordwand genannt, mindestens 64 Menschen gestorben. Zuletzt vier Bergsteiger, die von einer Lawine ergriffen wurden.

AARA haben den Wechsel in dieses neue Thema sehr gut gemeistert. „Eiger“ steckt voller ergreifender Melodien, so beispielsweise auf „Die das wilde Wetter fängt“ und „Senkrechte Welten“ zu hören. Die eisige Erhabenheit des Berges spiegelt sich in dichten Riffs und dynamisch variablem Drumming. Andererseits rauschen AARA wie der Sturm um den Berg über ihr Publikum hinweg. Die Gewalt im Wirken der Band konzentriert sich in aller Eleganz bei Songs der Marke „Todesbiwak“, „Grausig ist der Blick“ und „Albtraum“.

Was bei AARA besonders auffällt: Bei allen vorhandenen Trademarks, die der atmosphärische Ableger des Black Metals angelegt hat, bemüht sich die Band konsequent um Abwechslung. Es gibt immer wieder spannende Taktwechsel und die Arrangements verweben die Größe der Natur gleichermaßen mit ihrer Gewalt und Unberechenbarkeit. „Wahnsinn dort im Abgrund“ lässt den Hörer an grauem Stein festfrierend schneeblind werden, nur damit „Felsensang“ in all seiner Epik den Blick hoch zu einer trüben Sonne offenbart.

Durchbrochen werden die Songs von gelegentlichen Akustik-Arrangements („Todesbiwak“) und angenehm dezenten Geräuschen wie Windrauschen, dem Kratzen auf Stein oder dem Knirschen von Schnee. Das hat einen sehr lockernden Effekt, der dafür sorgt, dass „Eiger“ zu keiner Zeit nervig oder überfordernd wirkt. Markus Stock (Empyrium, The Vision Bleak, Sun Of The Sleepless …) hat auch AARA einen aufgeräumten und druckvollen Klang verpasst und damit maßgeblich zum Gesamtbild des Albums beigetragen.

Ein wenig ins Schlittern gerät die Platte nur in einem Bereich – beim Gesang. Es ist zweifelsfrei, der ist alles andere als schlecht oder gar unpassend. Leider mangelt es aber an Verständlichkeit, was dazu führt, dass, sobald man sich auf die fiesen Screams von Sänger Fluss zu konzentrieren versucht, alles andere in den Hintergrund gedrängt wird. Somit ist eine schlüssige Symbiose aus Wort und Klang auf „Eiger“ nur schwer herzustellen. Sicher, einige meinen, „das muss so“. Muss es nicht. Gerade wenn bei ästhetischer Musik, wie AARA sie liefern, gut artikulierter Gesang absolut bereichernd sein kann.

An der Spitze des Berges sieht es letztlich so aus: Wenn man bedenkt, mit welcher immensen Regelmäßigkeit AARA ihre Hörerschaft mit neuem Material versorgen, so bleibt dem Schreiber schon deshalb eigentlich nur der Achtungsknicks. Musikalisch kultiviert man die Großtaten der Vorreiter von den skandinavischen Inseln, ohne jedoch ein einziges Mal anbiedernd zu klingen. „Eiger“ ist majestätisch, bei seinen Melodien gleichsam wunderschön, dabei aber auch ungemein kalt und brachial. AARA haben das große Talent, tatsächlich Bilder durch ihre Musik entstehen zu lassen und sie agieren dabei enorm versiert. Der einzige Wermutstropfen ist für „Eiger“ „nur“, dass der Gesang als wichtiges Bindeglied zur Musik nicht ausreichend hervortritt. Auf Albumlänge trübt dieser kleine Makel dann doch die Sicht auf die schneeweißen Gipfel, zu denen AARA so treffliche Musik erschaffen haben.

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Wertung: 8.5 / 10

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