[Neofolk / Progressive Metal] Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der norwegischen Verfassung gaben IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK auf dem Eidsivablot-Festival 2014 in Eidsvoll (dem Geburtsort der Verfassung) ein Konzert, dessen musikalische Grundlage zwei Jahre später mit dem Namen „Skuggsjá: A Piece For Mind & Mirror“ debütierte. Konzipiert als ein Musikstück für einen einmaligen Anlass, gewann das Projekt schließlich über das Datum hinweg und auch über die norwegischen Grenzen hinaus großen Zuspruch, als IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK 2015 (mal wieder) den Headliner anlässlich eines Jubiläums darstellten, dieses Mal beim 20. Geburtstag des niederländischen Roadburn-Festivals.
„Skuggsjá: A Piece For Mind & Mirror“ gibt, passend zum Grund seiner Schöpfung, einen Einblick in die norwegische Geschichte: Neben dem Abriss der Historie verbinden IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK alte und neue norwegische Sprache und repräsentieren die Geschichtsträchtigkeit u.a. durch die Verwendung der ältesten skandinavischen Instrumente. Dass ein Einar Selvik, Mastermind der ähnlich agierenden Wardruna, ein solches Konzept umsetzt, ist wenig verwunderlich, erstaunlich hingegen ist die Personalie Bjørnson, seines Zeichens Gitarrist und Sänger der norwegischen Institution Enslaved. Musikalisch unterstützt von seinen Band-Kollegen Grutle und Cato liefert das Projekt einen einstündigen Einblick in die Begebenheiten längst zurückliegender Tage, wobei der atmosphärische, sich aufbauende Neofolk von Selvik auf die metal(l)ische Härte von Bjørnson trifft.
In Kombination ergibt sich daraus ein in sich stimmiges Werk, welches hochgradig stimmungsvoll und melodisch ist, selbst in den arg an Enslaved erinnernden Tracks wie „Makta Og Vanæra (I All Tid)“ oder „Skuggeslåtten“. Dass die deutliche Note seiner primären Band herauszuhören ist, erweckt allerdings nicht den Eindruck, dass Bjørnson bei auf „Skuggsjá“ Resteverwertung betreibt, da sich das Material dennoch eigenständig und hervorragend passend einfindet. Auch Selviks Handschrift, die Wardruna so unverkennbar eigen werden ließ, findet sich auf dem Großteil des Album wieder; besonders der Titeltrack erhebt sich in seinem Verlauf zu einem wahrlichen Überhit, dessen Steigerung so genial wie mitreißend ist – ein Gänsehautmoment, von dem noch weitere folgen werden.
Seien es die schleppend-hypnotisch anmutenden Songs „Tore Hund“ und „Kvervandi“ oder das lebhafte, mit einem ansteckendem Rhythmus versehene „Vitkispá“ sowie das zu Anfang sanft erklingende, verträumte „Bøn Om Ending – Bøn Om Byrjing“, IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK gestalten die Geschichtsstunde ihres Landes so abwechslungsreich und packend wie es keinem norwegischen Historiker gelingen könnte.
Auf „Skuggsjá: A Piece For Mind & Mirror“ trifft das zusammen, was einander kaum besser ergänzen könnte. IVAR BJØRNSON & EINAR SELVIK erschaffen mit dem Debüt ihres Ausnahmeprojektes Musik, deren Zauber nicht nur dann zutage tritt, wenn der Hörer durch die Schönheit der skandinavischen Fjorde fährt, sondern ebenso auf der heimischen Couch, mit geschlossenen Augen. Die Gründung dieses Projekts ist der Grundstein für ein Genre, dass landestypische Folklore-Klänge mit dem Härtegrad Metal-affiner Musiker verbindet.
Wertung: 9 / 10
Angesichts seiner Antwort hast du wohl nichts falsch verstanden, dafür habe ich allerdings meinen Horizont erweitert – top Neuigkeit! :)
Habe Wardruna lediglich im Kontext mit der Trilogie gesehen, auch, weil sie das Projekt für diese Vertonung ins Leben gerufen haben. Dass es nun dennoch weitergehen soll, finde ich ausgesprochen stark!
Mal schauen, welchem Thema sich Einar und Co. dann annehmen werden…
Ja, da bin ich auch mal gespannt. Die Edda hätte ja bspw. noch einiges zu bieten. Zumal sie Auszüge der Völuspá bereits für die Serie „Vikings“ vertont haben (sehr hörenswert).
Hi du! Mir geht es ebenfalls wie dir: Als ich gestern von Huggsjá erfuhr, hab ich mich riesig gefreut, denn mir war nicht bewusst, dass die Beiden dieses Projekt fortführen wollen. Schließlich war Wardruna auch endlich, warum sollte es hier nicht ebenso sein… Umso besser, dass das Ivar und Einar anders sehen. :)
PS: Danke für die Blumen!
Ich glaube das war ursprünglich auch nicht so geplant. Sie haben HUGSJÁ auch wieder im Rahmen von irgendetwas offiziellem (kulturellem) in Norwegen erschaffen, soweit ich weiß.
Aber was meinst du damit, dass WARDRUNA endlich „war“? Das wird doch weitergeführt. Zwar ist die Runaljod-Trilogie abgeschlossen, aber Kvitrafn macht auf jeden Fall weiter. (siehe hier: http://www.invisibleoranges.com/interview-einar-selvik-wardruna/ … Frage #21)
Oder habe ich die da missverstanden?
Eine tolle Review zu einem wahrlich starken Album. Ich freue mich bereits auf das Nachfolgeprojekt „Huggsjá“, wovon man bereits einen ersten Eindruck auf YouTube im Rahmen eines Live-Mitschnitts gewinnen kann. Ich hoffe das diese echt kreative Kollaboration uns noch das eine oder andere Mal mit Hörgenüssen überraschen wird!