Die Apokalyptischen Reiter sagen Herbst-Tour ab

DIE APOKALYPTISCHEN REITER haben ihre für Herbst 2022 geplante „Volle.Kraft.Voraus“-Tour abgesagt und ein ausführliches Statement dazu veröffentlicht:

„Reitermaniacs,
auch wir machen es kurz und schmerzlos: Die Reiter-Herbsttour ist hiermit offiziell abgesagt.
(bitte wendet euch an die VVK Stelle bzw. Ticketsystem wo ihr eure Tickets gekauft habt für die Rückabwicklung.)
Ihr könnt euch sicherlich denken, wie schmerzvoll es ist, dies auszusprechen, gerade wo ein so hoffnungsvolles Jahr hinter uns liegt, mit herzlichen, überschwänglichen Reaktionen für unser neues Album „Wilde Kinder“ und einem unglaublich intensiven Open Air Auftritt auf dem Summerbreeze vor wenigen Tagen. Danke dafür!
Viele von euch haben den Sommer, so wie wir genossen. Partys, Konzerte, Festivals – Freunde treffen, Spaß haben, die Sau rauslassen. Aber die scheinbare Rückkehr zur Normalität ist eine Täuschung. Nichts ist normal, nichts ist wie früher und das schlimmste, nichts wird in absehbarer Zeit mehr so sein wie früher.
Die gesamte Event-und Kunstszene steht vor den wohl schwersten Monaten. Wir leben in einer Welt aus Krieg und Angst. Jeder von euch schaut sicherlich mir Sorge in den Briefkasten in Erwartung der nächsten Strom-und Gasrechnung. Jeder reibt sich verwundert die Augen, wie teuer das Leben, die Einkäufe, Tanken, Alltägliches geworden ist. Inflation ist plötzlich nichts Abstraktes mehr – jeder von euch weiß nun, wie sich so etwas anfühlt.
In diesen unsicheren Zeiten eine Tournee zu planen, ist eine enorme Herausforderung. Langfristige Verträge müssen geschlossen werden. Busse gemietet, Crew-Mitglieder gefunden werden, Werbung geplant werden. Doch in einer Welt, wo sich mitunter binnen Tagen unvorhergesehene Wendungen ergeben, kann man nicht mehr planen.
Dabei erschien doch der Herbst 2022 als das rettende Ufer für viele Bands und Clubs, ja für eine ganze Szene, die sich seit über zwei Jahren in einer Art Schockstarre befindet. Machen wir uns nichts vor – die Reserven bei den meisten sind mittlerweile aufgebraucht. Und nun droht in Deutschland ab 1.10. zudem noch eine neue Verschärfung der Corona-Schutzmaßnahmen in Innenräumen. Rückenwind sieht anders aus. Und Lust auf einen Clubbesuch macht es schon gleich gar nicht. Viele trauen sich eh gar nicht mit Menschenmassen in Innenräume. Und die meisten sagen: Ich hab noch den ganzen Kühlschrank voller Tickets aus den letzten Jahren hängen, ich kaufe mir erst eins an der Abendkasse. Das sind keine Vorwürfe, das ist die nackte Realität des realen Wahnsinns im Jahr 2022.
Und jetzt wieder zu den Reitern. Was sollen wir angesichts dieser Situation machen? Auf Gedeih und Verderb an dieser Tour festhalten, wohl wissend, dass die Situation jederzeit kippen kann. Das Clubs wegen neuer Verordnungen nicht öffnen oder anderweitige Beschränkungen erlassen, die eine Absage einer Show nach sich ziehen würden? So leid es uns für euch und auch für uns tut, aber das Risiko (vor allem finanzieller Art) ist zu hoch, als dass wir die Zukunft der Band aufs Spiel setzen werden. Es ist nur ein schwacher Trost, dass es vielen Bands ebenfalls so geht, wir drücken allen Kolleginnen und Kollegen die Daumen, dass sie an ihren Touren festhalten können, leider sind wir nicht in der Lage dazu.
Mit der Tourabsage reifte auch die Erkenntnis: So wie früher, wird es nie wieder. Das ist schmerzlich und jeder, der sich hier beim Lesen darüber noch Illusionen macht, sollte dieser Realität ins Auge blicken. Ja wir wissen, der Sommer war doch so schön und es fühlte sich alles wie früher an. War es das wirklich? Oder wolltest du nur, dass es sich so anfühlt?
Wenn es so weitergeht, werden viele Bands aufhören und Clubs schließen. Vielleicht auch dein Lieblingsclub und deine Lieblingsband. Dein Lieblingsrestaurant, dein Lieblingstheater. Dann kommst du 18 Uhr von der Arbeit und es wird nichts mehr übrig sein von der kulturellen Vielfalt, die seit Jahrzehnten zu einem vielfältigen Freizeitangebot in Deutschland gesorgt hat. Sicher, die Systemgastronomie wird überleben, ein paar teure Großveranstaltungen wird es auch noch geben und hier und da ein paar kleine Leuchtfeuer der Freiheit (die dafür vermutlich am Tropf des Staates hängen, da sie wirtschaftlich unrentabel geworden sind). Willst du diese Zukunft?
Nach der Ebbe kommt die Flut
Der Wunsch, für euch zu spielen ist ungebrochen. Ja, die Tourabsage ist ein Rückschlag und enttäuschend. Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand – sondern wir blicken nach vorn. Wenn die Voraussetzungen für langfristig planbare Tourneen nicht mehr gegeben sind, dann machen wir es eben anders. SPONTAN. Wir kündigen daher an, dass es im Herbst/Winter 2022/23 einige Reiter-Einzelshows geben wird. Das Ganze wird sicherlich ein wenig „back to the roots“ und „oldschool“ werden. Wir sind bereits mit einigen Clubs in Kontakt, aber werden die Shows dann nur mit kurzem zeitlichem Vorlauf (1-2 Monate) ankündigen. Der kurze Vorlauf macht es für uns einfacher, da wir auf aktuelle Entwicklungen bezüglich Corona-Einschränkungen reagieren können. Das ist klassische Guerilla-Taktik und erfordert von uns und euch vor allen Dingen Spontanität. Und Hand aufs Herz, sind wir nicht alle ein bisschen zu bequem und satt in all den Jahren scheinbarer Leichtigkeit geworden?
Jetzt geht es ans Eingemachte. Alles oder nichts.
SCHREI!NACHTEN 22
Wilde Kinder – Guerilla Tour No. 1
28.12.2022 – JENA – F-HAUS
Die Apokalytischen Reiter
Support: Manos & Victim
VVK: 33 EUR – AK: 40 EUR
Ein legendärer Club, an dem es schon so viele denkwürdige Reiter-Shows gab. Der Vorverkauf startet in Kürze. Ein gewisses Kontingent werden wir natürlich für die Abendkasse zurückhalten, so dass jene auch noch eine Chance haben, die sich erst ganz spontan entscheiden wollen oder können. Wer das F-Haus nicht kennt – es passen nur 800 Leute rein. Warum nur ein kleiner Club? Siehe oben – nichts ist planbar und für uns ist es wichtig, die Kosten im Vorfeld überschaubar zu halten. Die Show ist Chance und Experiment zugleich. Wir brauchen euch und ihr braucht uns (manchmal). Nicht verzagen – unterhaken. Lasst uns die kommenden Monate zu etwas ganz Besonderem machen, lasst uns feiern und schwitzen, als gäbe es kein Morgen.
Es wird schlimmer als es ist….“

Facebook

Mit dem Laden des Beitrags akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Facebook.
Mehr erfahren

Beitrag laden

Publiziert am von

8 Kommentare zu “Die Apokalyptischen Reiter sagen Herbst-Tour ab

  1. Natürlich leider auch ein Teufelskreis. Mich hat es jetzt mit den Reitern das dritte Mal erwischt. Auf den Gebühren (die teilweise saftig sind) bleibt man ohnehin immer sitzen, da hat man schon nicht mehr so viel Bock auf VVK…

  2. Ja aber was denkst du denn was von den rund 30.000 Euro übrig bleiben wenn man alle Kosten / Steuern etc abzieht. Ich denke nicht das da der große Gewinn auf die Jungs wartet. Eigentlich aus Unternehmer Sicht sind Karten mit 30 oder 33 Euro zu billig. Zumindest kann der Künstler nicht davon leben. Man bedenke das am Ende der Kette auch nicht nur eine Person auf der Bühne steht

    1. Hi, dass Umsatz nicht gleich Gewinn ist, ist logisch. Da die Zahlen hier jetzt exemplarisch transparent offen liegen, fragt man sich schon, wer da am Ende Geld verdient. Und klar ist auch, dass die Reiter nicht mit 26.400 resp. 32.000 € nach Hause fahren. Trotzdem bleibt es dabei, dass die Fans (Konsumenten) eben auch sehen müssen, wie die über die Runden kommen.
      Bei einer anderen Feldpostnummer wurde sich im Fall Mantar zB. aufgeregt, dass Hanno in den Staaten lebt und jedes Mal rüber fliegen muss, wenn Konzerte anstehen. Ergo lautet es im Umkehrschluss, dass, würde er in Schland leben, es ebenfalls günstiger wäre. Du siehst, es ist nicht immer alles so einfach und es gibt nicht nur schwarz und weiß. Ich glaube auch nicht, dass ich da so eine exklusive Meinung habe.

  3. Kleiner Nachtrag, guck dir mal deinen Konzertbericht vom 03.08 an mit Kataklysm, da hast du den Preis ja auch bemängelt. Das waren zwar nur 30€, aber da muss man zB. sehen, dass die Bands ein paar Meter mehr Reiseweg hatten.

    1. Hierzu nur kurz: Bei der Preiskritik ging es darum, was dafür geboten wurde – und dass nebenan ein Gratiskonzert stattgefunden hat. Nicht um den Preis als absolutwert. Der ist mit 30€ für Kataklysm+Supports meiner Ansicht nach grundsätzlich schon OK.

  4. Vielleicht hab ich die letzten Jahre einiges verpasst, das weiß ich nicht. Aber vielleicht sollten die Bands auch mal die Ticketpreise überdenken. Klar, alles wird teurer, kein Problem. Aber der reine Umsatz von den Karten sieht in etwa so aus: 800×33 bzw 800×40,
    26.400 € resp. 32.000 €.
    Wäre nicht verkehrt, wenn die Bands auch ein paar Gänge runterschalten.

    1. Puh, die Rechnung ist aber bissl arg weit runtergebrochen, meinst du nicht? Zum einen bestimmen die Veranstalter die Ticketpreise, nicht die Bands. Dann werden Touren in der Regel von Locations zur Fixgage gebucht, der Gewinn geht an Veranstalter. Die Preiskalkulation hängt von den Produktionskosten ab, und dank Personalmangel, Spritkosten, höheren Mieten für Tourbusse etc. sind die deutlich gestiegen. Last but not least cashen die Ticketanbieter nochmal kräftig ab … und zu allerletzt darf nicht vergessen werden, dass in Zeiten von Streaming Touren (und Merch-Verkauf auf Tour) quasi die einzige Möglichkeit für Bands geblieben sind, Geld zu verdienen bzw Unkosten (Produktionskosten etc.) zu decken.

      1. Hi, Moritz,
        wie sich die Preise zusammenfassen, ist klar. Und es geht jetzt auch nicht darum, den Reitern an die Karre zu fahren.
        Aber man muss halt trotzdem mal sehen, wie viele Touren jetzt abgeblasen werden und wurden, kann man hier ja zu Genüge lesen.
        Tut mir auch für jede Band leid, egal, ob ich die Musik mag oder eben nicht.
        Trotzdem bleibt am Ende der Kette der Konsument. Denn auch für mich ist es mit den 33€ (nur exemplarisch für die Reiter) nicht getan. Schließlich muss ich ebenfalls zum Konzertort kommen, dann vielleicht ein-zwei Shirts kaufen (und hier haben die Reiter keine Schweinepreise, muss man fairerweise sagen), paar Getränke. Da bist du am Abend (grob überschlagen) 100€ los. Die fehlen mir im Moment logischerweise wieder an anderer Stelle, weil wegen Inflation.
        Vielleicht bin ich aber auch noch zu sehr im Punk drin und andere Preise gewohnt. 🤷‍♀️
        Bester Gruß.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert