Konzertbericht: ZIRP w/ Kaunan

09.04.2016 München, Spectaculum Mundi

Nicht immer sind es die größeren Namen, die beim Musica Antiqua Viva in München aufspielen. So dürften nur wirkliche Szenekenner (oder regelmäßige Besucher des Spectaculum Mundi) bis dato etwas von KAUNAN und ZIRP gehört haben. Derweil sind die prägenden Musiker hinter diesen Projekten wahrlich keine Unbekannten: Bei KAUNAN handelt es sich um das Nordic-Folk-Projekt von Faun-Gründer Oliver s. Tyr, der Drehleier-Fusion-Folk von ZIRP steht wiederum ganz im Zeichen von Olivers Bandkollegen Stephan Groth und seinem Paradeinstrument. Was die beiden Faune unabhängig voneinander leisten können, beweisen sie bei einem Doppelkonzert der besonderen Art.

10502077_913324082012494_8250996835297764266_nZunächst zaubern KAUNAN eine spezielle Atmosphäre in das Spectaculum: Boris Koller an der Nyckelharpa, Göran Hallmarken an der Drehleier und Oliver s. Tyr an der Bouzouki konzentrieren sich hauptsächlich auf nordischen Folk und dessen traditionelle Melodien – Musik, die nicht nur ins Ohr, sondern auch in die Beine und Mitten ins Herz geht. Das liegt sicherlich nicht nur an den Melodien selbst, sondern zum Großteil auch an der Innigkeit der drei Musiker und deren Liebe zur Musik und ihren Instrumenten, die man zu jeder Sekunde spüren kann. Vor dem von Hand bemalten Backdrop sitzen Boris, Oliver und Göran zusammen und scheinen die Zuschauerschaft völlig zu vergessen. Besonders Boris, in Optik und Mimik wie aus einem Kirchenfresko entsprungen, strahlt eine fast schon sakrale Aura aus, und man wünscht sich das Konzert versetzt in eine laue Sommernacht unter freiem Himmel. Oliver, ganz der Perfektionist, kann es sich nicht verkneifen, die ein oder andere Melodie verfrüht abzubrechen, um seine neue Bouzouki noch einmal zu stimmen, und damit das Klangbild immer und immer wieder weiter zu verbessern. Egal ob fröhliche Polska oder getragenes Klagelied, KAUNAN zeigen mit musikalischem Gespür und großem Können, wie spannend und auch einfach nur schön nordischer Folk sein kann. Selbst wer an diesem Abend nicht seine Liebe für diese Art Musik entdeckt, hat sicherlich Freude daran, den drei seligen Vollblutmusikern beim Spielen zuzusehen. Leider sind die drei Musiker sind in dieser Formation seltene Gäste, das Konzert an diesem Abend ist sogar erst ihr zweiter Auftritt in München, und eine CD oder überhaupt Aufnahmen ihrer Stücke gibt es ebenfalls noch nicht. KAUNAN ist für viele Zuschauer also sicherlich eine bisher unentdeckte Überraschung.

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Mit einem zusätzlichen Musiker entern schließlich ZIRP die Bühne. Bereits im Vorjahr spielte das Quartett im Spectaculum Mundi auf und sorgte für Furore. Auch dieses Jahr rufen die Dresdener wieder ihre Drehvolution aus und begeistern genau wie Kaunan vor allem durch ihre Spielfreude, die sich durch viel Lachen, sichtbare Freude und Hingabe auf das Publikum überträgt. Noch immer umfasst die Diskografie der Kapelle lediglich ihr 36-minütiges Erstlingswerk, welches sie im Rahmen dieses Auftritts fast vollständig zum Besten gibt: Während ZIRP auf Gesang gänzlich verzichten, lädt Stephan am Mikro die Anwesenden zwischen den Songs immer wieder zum Tanzen ein oder erzählt kleinere Anekdoten. Beispielsweise landete das Stück „Sevensk“ nur durch einen Schreibfehler von Gitarrist Olaf unter diesem Namen auf der CD und im Live-Repertoire des Vierers. Dieses gestaltet sich in der rund einstündigen Show facettenreich: Mittelalterliche Melodieführungen wie in „Zirpoloness“ sind ebenso spürbar wie Ausflüge in den Swing-Bereich („Schottisch Lounge“) oder progressive Rockeinflüsse gegen Ende. Akustisch und optisch ist das Drehleierspiel von Stephan Groth ein Genuss, nicht nur für ausgewiesene Liebhaber dieses Instruments. Im Französischen würde man derlei Konzerte als Bal Folk bezeichnen, zu deutsch Volkstanzabend, allerdings nicht im Sinne von Andrea Berg, DJ Ötzi oder den Amigos. Ähnlich rund wie ihr Album gestaltet sich auch der Auftritt von ZIRP, welcher mit einem jodelnden Sachsen, der sein Handwerk diesbezüglich in Norddeutschland gelernt hat, so unkonventionell-unterhaltsam schließt wie er davor geklungen hat.

Vor überraschend vielen Gästen versammeln sich an diesem Abend zwei wahrlich besondere Bands, um ihren eigenen Folk mit jenen Klangfarben zu zelebrieren, die sich nicht im Mainstream-Ableger dieser Musikrichtung finden. Müssen sie auch nicht. Diese Musik ist nicht unbedingt für die großen Headlinershows auf Festivalbühnen gemacht, sondern eher für Abende wie diesen. Im intimen Setting funktionieren sowohl KAUNAN als auch ZIRP anstandslos mit genau der richtigen Spieldauer.

 

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