Konzertbericht: Woven Hand w/ Marriages

18.04.2015 UT Connewitz, Leipzig

Ein Konzert in einem der ältesten Lichtspielhäuser Deutschlands ruft eine ganz eigene Atmosphäre hervor. Noch weitestgehend im Originalzustand von 1912 bietet der Konzertraum ein Ambiente, welches durch das kalte Mauerwerk und die inmitten eines Portikus befindliche Bühne einen erhabenen Eindruck beim Besucher hinterlässt. Das Leipziger UT Connewitz eignet sich mit diesen Räumlichkeiten sicherlich wunderbar für Doom-Konzerte, stattdessen ist der Headliner dieses Abends David Eugene Edwards, besser bekannt mit seiner Band WOVEN HAND.

artworks-000109153017-ok2v7v-t500x500Bevor jene Nachfolgeband der legendären 16 Horsepower, deren Musik stilprägend für die Bereiche Alternative Country und Americana war, das ausverkaufte UT Connewitz beehrt, gesellen sich die US-Amerikaner von MARRIAGES auf die Bühne. Das Trio um Frontfrau Emma Ruth Rundle erntet mit seiner dargebotenen Mischung aus Post Rock, Ambient und Psychedelic etlichen Applaus: Der kläglich-leidende, melodiöse Gesang von Emma passt perfekt in die sich minutenlang steigernden Klangwände, deren Höhepunkte von einem treibenden Schlagzeug und der einnehmenden Melodik der Gitarre dominiert werden. Es ist nicht verwunderlich, dass MARRIAGES bereits mit Russian Circles und Deafheaven tourten, denn sowohl die Qualität ihrer Songs als auch die völlig in ihrer Musik aufgehende Darbietung lässt nur eine Zusammenfassung zu: gelungen, gerne wieder!whlogohi

2877292Nach einer kurzen Umbauzeit betreten WOVEN HAND unter lautstarkem Klatschen die Bühne und verlassen diese erst etwa 80 Minuten später, ebenso von Applaus begleitet. Das Quartett hat anfangs mit einem zu verzerrten, teilweise im Ohr schmerzenden Sound von Edwards Shure-Brothers-Mikrofon zu kämpfen und früh zeichnet sich auch das Problem ab, welches sich kontinuierlich durch den Auftritt zieht: Die Akustik in diesem alten Gemäuer lässt beide Gitarren oftmals zu einem Brei vermischen, in dem Leads größtenteils untergehen. Dazu kommt noch, dass Edwards heute Abend keine Lust verspüren zu scheint, die Hooklines der Songs ordentlich zu präsentieren – der eigentlich sehr melodische Gesang weicht einer Monotonie, die Edwards‘ Worte eher zu einer Bahnhofsdurchsage denn dem gewollten beschwörerischen Gesang avancieren lässt.

Wovenhand_ROWeswegen WOVEN HAND aber dennoch verdient frenetisch gefeiert werden, liegt mit Sicherheit an der nahezu perfekten Songauswahl, die größtenteils Lieder vom aktuellen „Refractory Obdurate“ (2014) sowie vom Vorgänger „The Laughing Stalk“ (2012) umfasst, und der Performance, die neben Edwards‘ immer wiederkehrenden Handbewegungen auch einen sich auspowernden Rhythmus-Gitarristen inkludiert. WOVEN HAND sind mit ihrem live sehr rockig präsentierten Material eine Wucht, die das Publikum mit Tracks wie „Hiss“, „Long Horn“ und der Zugabe „Good Shepherd“ zum Kochen bringt. Auch wenn sich der eine oder andere Konzertbesucher gerne mehr Interaktion zwischen Band und Publikum gewünscht hätte, ist es vielleicht gerade diese schüchterne Verschwiegenheit von WOVEN HAND, die das Bild jener nicht unnahbaren, aber dennoch irgendwie geheimnisvollen Band nährt.

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Fazit: Organisatorisch liegt das UT Connewitz weit vorne, denn der zeitliche Ablaufplan wird besucherfreundlich eingehalten, längere Wartezeiten werden sowohl beim Eingang als auch beim Konzert vermieden. Diesen guten Eindruck vom Abend untermauern MARRIAGES mit ihrer atmosphärisch geladenen Musik, die als Anheizer für WOVEN HAND, trotz sehr verschiedener Genres, passend war. Und obwohl ebenjene Meister des Alternative Country nicht die besten tontechnischen Voraussetzungen hatten, gelang es ihnen bereits vom Opener „In The Temple“ an, die hunderten Gäste mit einer dynamischen, teils unterhaltsamen Show dank Edwards‘ Gestikulation sowie ihren mitreißenden Songs zu fesseln. 

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